05.04.2022
Benjamin-Immanuel Hoff

Verbindende Linkspartei

Das Haus der LINKEN, dessen Umbau und Werkzeuge der modernen sozialistischen Gerechtigkeitspartei. Diskussionsangebot.

Fabio de Masi bemerkte jüngst irgendwo, DIE LINKE sei »längst eine Mogadischu-Linke, in der unterschiedliche Stammesführer nur noch die eigene schmale Anhängerschaft bedienen«. Er hat vergessen, hinzuzufügen: An diesem Zustand tragen viele Repräsentant:innen der Partei Mitschuld. Fabio und mich eingeschlossen.

Darüber hinaus formulierte Fabio: »Eine rationale Linke, die im weitesten Sinne sozialdemokratische Konzepte für Wirtschaft, Umwelt/Energiepolitik und Außenpolitik auf der Höhe der Zeit verkörpert, wäre trotz der öffentlichen Abgesänge und der Krisen des modernen Finanzkapitalismus nötiger denn je«. In dieser Haltung unterstütze ich ihn uneingeschränkt.

Doch während Fabio, wie leider auch eine ganze Reihe kluger Freund:innen von mir, resigniert konstatiert, er habe sich »innerlich bereits so stark von meiner Partei entfremdet, dass mir derzeit der Glaube an dieses Projekt abhandengekommen ist« –, glaube ich weiterhin zuversichtlich an das Projekt einer pluralen linken Partei.

Vielleicht rührt diese Haltung aus meiner Tätigkeit in Thüringen. Seit 2014 arbeiten wir in einer rot-rot-grünen Koalition, die nach fünf Jahren mit einer knappen Ein-Stimmen-Mehrheit, seit 2019 als Minderheitskoalition regiert. Das ist überhaupt nicht einfach. Im Gegenteil. Drei Parteien, die durchaus im Wettbewerb zueinander stehen, bemühen sich auf Augenhöhe ihre Interessen auszugleichen und gesellschaftspolitische Fortschritte zu erreichen.

Wenn das in einer rot-rot-grünen Koalition gelingt – mal besser, mal schlechter –, dann gelingt das auch innerhalb der Partei DIE LINKE. Davon bin ich überzeugt. Doch damit uns dies gelingt, müssen wir die »Mogadischu-Linke« hinter uns lassen.

Auf dem krisenhaften Geraer PDS-Parteitag 2002 gründete ich mit vielen anderen das Forum Zweite Erneuerung. Andere bildeten die Reformlinke, ganz andere den Geraer Sozialistischen Dialog. Seitdem gibt es viele weitere Strömungen: Das forum demokratischer sozialismus (fds), die Sozialistische Linke, Emanzipatorische Linke, die Bewegungslinke, die Antikapitalistische Linke, die Solidarische Linke, die KPF usw. Von außen wirkt es ein wenig wie aus dem Film »Das Leben des Brian«. Einige dieser Strukturen sind heute produktive Stichwortgeber, andere sind faktisch tot – wurden aber noch nicht begraben (Stichwort: Mogadischu-Linke).

Die nachfolgenden Überlegungen sollen Auswege aus Stillstand, Streit und Agonie beschreiben. Dazu habe ich eine Vielzahl von Gesprächen geführt. Danke an die Mitglieder von solid, Vertreter:innen aus dem Parteivorstand und Landesverbänden, die Abgeordneten aus der Bundestagsfraktion und Landtagen sowie weitere Akteur:innen unterschiedlicher Strömungen, die mit mir sehr ehrlich gesprochen haben. Viele dieser Gedanken sind in die nachstehenden Überlegungen eingeflossen. Für alles was die Leser:innen falsch finden, trage natürlich ich allein die Verantwortung.

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