22.01.2014

Brachiale Annäherung

Am Sonntag soll Ralf Stegner, langjähriger Landes- und Fraktionsvorsitzender der SPD in Schleswig-Holstein, zu einem der Vize-Bundesvorsitzenden der SPD gewählt werden. Dieses Amt wurde ihm angetragen, nachdem ihm aus Gründen des Geschlechterproporzes der Weg zu der von ihm angestrebten Nachfolge von Andrea Nahles im Amt des Generalsekretärs verschlossen blieb.

Seither hat er auf Bundesebene in mehreren Interviews diejenige Rolle wahrgenommen, die gemeinhin mit Generalsekretärinnen und Generalsekretären verbunden wird: die Haudraufs der politischen Kommunikation zu sein. Nachdem mit Drobrindt, Nahles und Gröhe die bisherigen Amtsinhaber der Koalitionsparteien als Ministerin und Minister ins Bundeskabinett wechselten, oblag es Ralf Stegner, dazu beizutragen, dass über die Jahreswende die Große Koalition als mindestens so zerstritten wahrgenommen wurde, wie die schwarz-gelbe Koalition nach ihrem Start 2009. Sieht man einmal davon ab, dass diese Wahrnehmung dem Bedürfnis der Medien entgegenkommt, aus Kleinigkeiten Nachrichten zu erzeugen, ist Stegner jedoch eine sichere Bank für jeden Journalisten, der ein knackiges Statement braucht, aus dem sich Nachrichten und Erwiderungen der politischen Konkurrenz erzeugen lassen.

Als Koordinator der SPD-Linken im Parteivorstand war Stegner wiederum in den vergangenen Jahren durch eine im Vergleich zum damaligen Kurs seiner Partei moderate und offenere Haltung gegenüber der Linkspartei aufgefallen. In dem von ihm als Spitzenkandidat der SPD geführten Landtagswahlkampf 2009 schloss er Gespräche mit der Linken zur Regierungsbildung explizit nicht aus.

Wenn Ralf Stegner nun also als Bundes-Vize der SPD die Kontakte zur Linkspartei verbessern möchte, könnte er insoweit durchaus authentisch die seit dem Leipziger Bundesparteitag vom November 2013 geltenden neuen Doktrin im Umgang mit der Linken repräsentieren. Diese geht zwar auf der einen Seite davon aus, selbst auf Bundesebene die Bildung einer Regierung unter Beteiligung der Linken nicht mehr auszuschließen, hängt aber auf der anderen Seite weiterhin der Hybris an, dass Die Linke, wie vormals die Grünen, „Fleisch vom Fleische“ der SPD seien. In ihrer organisatorischen Eigenständigkeit sei Die Linke ein politischer Betriebsunfall sei, den man zumindest derzeit nicht rückgängig machen könne, mit dessen Resultaten man sich sogar einrichten müsse, jedoch nur solange es nicht gelingt, die konkurrierende Formation dem Erdboden gleich zu machen. Denn während man im Osten an ihr nicht vorbeikommt, sei sie im Westen ein Fremdkörper im Politikbetrieb, der zu verdrängen sei.

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