28.03.2024

Strafanzeige als Wahlkampfinstrument

Via X (vormals Twitter) teilte der FDP-Politiker und Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas L. Kemmerich mit: "Ich habe jetzt außerdem Strafanzeige gegen @bodoramelow und den Chef der Staatskanzlei @BenjaminHoff gestellt. Sie tragen nicht nur politische, sondern auch volle rechtliche Verantwortung für die Postenaffäre. Es besteht Anfangsverdacht der strafbaren Untreue."

Am 14. März 2024 veröffentlichte der Thüringer Rechnungshof den Sonderbericht an den Thüringer Landtag und die Thüringer Landesregierung über die Prüfung „Stellenbesetzung in den Leitungsbereichen der obersten Landesbehörden“ und teilte im Übersendungsschreiben mit, dass der Prüfvorgang abgeschlossen ist.

Seitdem der SPIEGEL erstmals am 25. November 2022 über den unveröffentlichten Entwurf des Prüfberichts des Thüringer Rechnungshofs berichtete, stellte die Landesregierung größtmögliche Transparenz in vertraulichen und öffentlichen Ausschusssitzungen her.

Eine Vielzahl an Kleinen Anfragen und Mündlichen Anfragen im Landtag wurden ebenso beantwortet, wie auch in einer Sondersitzung des Thüringer Landtags und in umfangreichen Darlegungen auf Anforderung des Haushaltsausschusses Stellung genommen.

Die Landesregierung stellte dem Thüringer Landtag die Prüfungsmitteilungen Teil I und II nebst allen Stellungnahmen der Landesregierung zum Entwurf der Prüfungsmitteilung des Rechnungshofes zur Einsichtnahme zur Verfügung.

Die Landesregierung selbst beschloss in Umsetzung von Kritikpunkten des Rechnungshofes Maßnahmen in sieben Handlungsfeldern.

Inzwischen befasst sich der Untersuchungsausschuss 7/4 des Thüringer Landtags mit dem Rechnungshofbericht.

Die Einleitung einer Strafanzeige gegen den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und mich durch den FDP-Politiker Kemmerich mehr als ein Jahr nach Veröffentlichung des Rechnungshofberichtes überrascht insoweit, als die Erfurter Staatsanwaltschaft bereits im Januar 2023, also bereits vor Veröffentlichung des Rechnungshofberichtes ein Verfahren gegen Unbekannt eröffnete. Der MDR berichtete bereits am 30. Januar 2023 darüber.

Der Thüringer Journalist @martin_debes kommentiert den Vorgang ebenfalls auf der Plattform X wie folgt: "

Die politische PR-Strafanzeige hat in Thüringen eine ungute Tradition. Eingeführt wurde sie von den Grünen im Bundestagswahlkampf 2013, als die Landespartei die CDU-Ministerpräsidentin Lieberknecht wegen Untreue anzeigte. Später folgte die FDP mit einer Anzeige gegen SPD-Wirtschaftsminister Machnig. Die Ermittlungen wurden jeweils nach der Wahl eingestellt.

Doch selbst vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Strafanzeige des FDP-Landeschef @KemmerichThL gegen den Linke-MP @bodoramelow und dessen Staatskanzleichef @BenjaminHoff bemerkenswert, da die Staatsanwaltschaft längst von Amts wegen in der sog. Postenaffäre gegen Unbekannt ermittelt, wobei Ramelow und das Kabinett dabei naturgemäß im Fokus stehen. Auch Höckes AfD hat in dieser Sache schon vor Monaten Anzeige erstattet, übrigens auch nur gegen Unbekannt. (Vom U-Ausschuss im Landtag und den inzwischen größtenteils öffentlich gewordenen Rechnungshofberichten ganz zu schweigen.) Warum also setzt der Spitzenkandidat - und gescheiterte Ex-MP - Kemmerich zu Beginn des Landtagwahlkampfes noch einen oben drauf und überholt sogar die AfD?

Nun, die Antwort findet sich wohl in den aktuellen Umfragewerten seiner Landes-FDP.

Spoiler: Es sind 2 Prozent."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Weitere Beiträge zu diesem Thema: