07.07.2023

Was tun wenns brennt? Kulturgutschutz in Thüringen

Politik & Kultur | Nr. 7-8 / 23 | Juli /August 2023 | S. 25

Die krisenhaften Disruptionen der vergangenen Jahre haben aus vielen Beschäftigten in den Kulturbetrieben erfahrene Krisenmanager:innen gemacht. Die Entscheidung, Krisenmanagement zu lernen, fällt selten selbstbestimmt. Viel häufiger sind es dramatische Ereignisse. Zuletzt die Pandemie, davor Schadensereignisse wie die Hochwasser der Jahre 2002, 2010 und 2013, der Brand der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar 2004, der Einsturz des Kölner Stadtarchivs im März 2009 oder der Ehrensteiner-Schlossbrand, bei dem durch Schweißarbeiten am gerade aufwendig sanierten Kulturdenkmal ein Schaden von rund 10 Millionen Euro entstand.

Die Unterschiedlichkeit dieser Ereignisse machen deutlich, dass es die eine Standardkrise genauso wenig gibt wie einen sicheren Krisenschutz. Schadensereignisse mittels Patentrezepten abhandeln und bewältigen zu können, ist eine unrealistische Vorstellung. Sie hält sich dennoch hartnäckig – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Standardisierte Checklisten gaukeln trügerische Sicherheit vor und sind im Ernstfall ungeeignet für die tatsächlichen Erfordernisse.

Jedes Schadensereignis ist konkret und der Umgang mit den geretteten sogenannten Asche-Büchern aus der gelöschten Anna-Amalia-Bibliothek zeigte, dass manchmal der Aufkauf aller im Umkreis vorhandenen Haushaltsfolien hochwirksam sein kann.

Unverzichtbar für professionelle Krisenprävention und Schadensbewältigung sind daher Schulungen und regelmäßige Trainings für alle verantwortlich Beteiligten, in denen Szenarien simuliert werden. In Thüringen haben sich deshalb mit Unterstützung der Landesregierung und unter dem Dach des Thüringer Kulturrates regionale Notfallverbünde gebildet. In diesen Verbünden arbeiten Museen, Archive, Bibliotheken, auch Theater einrichtungsübergreifend miteinander. Erfahrungen werden ausgetauscht, Konzepte erarbeitet und verbessert indem geprobt wird, was zu tun ist, wenn es brennt oder, oder… Die hauptberuflichen und ehrenamtlichen Feuerwehren sind dabei unmittelbar integriert. Denn Pate für dieses Modell war der Weimarer Notfallverbund, den es ohne Ralf Seeber von der Feuerwehr Weimar nicht gäbe und der als Fachberater beim Kulturrat Thüringens weiterhin wirkt.

Um in Notfällen über technische Mittel zur Abwehr von Gefahren zu verfügen, investierte der Freistaat in ein Feuerwehrsonderfahrzeug und in vier Sätze mit jeweils neun Notfallcontainern, die in den Regionen West-Eisenach, Süd-Meiningen, Ost-Altenburg, Nord-Nordhausen zusätzlich zu Weimar bei den städtischen Feuerwehren stationiert sind.

Das Feuerwehr-Sonderfahrzeug bringt im Schadensfall Notfallcontainer an den Schadensort und verlädt geborgenes Kulturgut. Es verfügt dafür unter anderem über eine Kühlung für den sachgerechten Transport z.B. nasser Bücher.

Dass viele Kolleginnen und Kollegen auch der Kulturbetriebe in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, erhöht die Bedeutung für die kontinuierliche Fort- und Weiterbildung und des Trainings der alten und neuen Beschäftigten. Damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt.