04.07.2023

Stabile Perspektiven für Theater und Orchester

Ergebnisse der Verhandlungen zur Theater- und Orchesterfinanzierung in Thüringen

Erneut liegt ein mehr als einjähriger erfolgreicher Prozess von Verhandlungen mit den kommunalen Finanzierungspartnern der institutionell geförderten Theater und Orchester hinter uns. Wir haben viele Gespräche mit den Vertretern der Städte und Landkreise, aber auch mit Vertretern der betroffenen Theater und Orchester selbst geführt.

Im Ergebnis dieses Prozess der engen Beteiligung und des Dialogs auf Augenhöhe konnten mit allen Kommunen Entwürfe von Finanzierungsvereinbarungen konsentiert werden. Die Landesregierung hat dafür nunmehr grünes Licht gegeben. Die Kommunen können auf dieser Grundlage ihre Kreistage bzw. Stadträte beteiligen. Dies wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres abgeschlossen werden. Unsere gemeinsame Zielstellung ist es, alle Finanzierungsvereinbarungen noch im laufenden Jahr 2023 zu unterzeichnen.

Folgende grundsätzlichen Ergebnisse - jenseits der einzelnen Standorte von Theatern und Orchestern - sind festzuhalten:

  • Wir erhalten alle historisch gewachsenen Standorte der Theater und Orchester in ihrer bisherigen Form und mit allen etablierten Sparten: Damit gelingt eine Sicherung der Kulturversorgung mit Sprechtheater für junge und erwachsene Zuschauer, mit Puppenspiel, Ballett, Musiktheater sowie einem Konzertangebot nicht nur in den urbanen Zentren unseres Landes, sondern auch an den kleinen Standorten.
  • Wir ermöglichen mit einer Vertragslaufzeit von 2025 bis einschließlich 2032 eine langfristige Planungssicherheit, die Vereinbarungen sind finanziell bis einschließlich 2030 untersetzt und Enthalten alle eine Verlängerungsoption bis 2032 auf Basis der Finanzierungshöhe des Jahres 2030
  • Unserem Ziel einer tarifgerechten Vergütung für alle Beschäftigten der Theater und Orchester sind wir ein großes Stück näher gekommen: Aktuell sind noch drei Orchester und drei Theater entweder in Haustarifen oder aus sonstigen Gründen nicht im Flächentarif. Künftig wird der Flächentarif auch am Landestheater Erfurt, beim Landestheater Rudolstadt mit den Thüringer Symphonikern Saalfeld-Rudolstadt und im Theaterhaus Jena gezahlt werden. Die Thüringen Philharmonie Gotha nähert sich auf 90 Prozent dem Flächentarif an, die Vogtland Philharmonie Greiz-Reichenbach auf 85 Prozent. Das vereinsgetragene Puppentheater Waidspeicher entscheidet im Einzelfall, hat aber auch bisher die Tarifsteigerungen seinen Beschäftigten weitergegeben.
  • Die bestehende tarifliche Bindung bei den übrigen Theatern und Orchester bleibt natürlich bestehen – auch beim Theater Altenburg-Gera, das seit Anfang 2022 nach Flächentarif bezahlt.
  • Durch vorgesehene jährliche Zuschusssteigerungen aller Finanzierungspartner –die Kommunen sind anders als in der laufenden Finanzierungsperiode von Anfang mit dabei! - werden Rahmenbedingungen geschaffen, mit denen auf steigende Kosten und die Tarifabschlüsse reagiert werden kann
  • Die bewährten Kooperationen zwischen den einzelnen Häusern werden fortgesetzt, etablierte Qualifikations- und Weiterbildungsangebote (Balletteleven, Duale Orchesterakademie) werden verstetigt.
  • Das Land zahlt weiterhin Transformationsmittel für in der laufenden Finanzierungsperiode beschlossene langfristige strukturelle Anpassungen.
  • Durch die schon aktuell in § 22d Thüringer Finanzausgleichsgesetz (ThürFAG) etablierte Theaterpauschale erhalten die Kommunen 20 Prozent ihrer kommunalen Finanzierungsanteile anhand der jeweiligen Pro-Kopf-Kulturausgaben vorab aus der Schlüsselmasse des Kommunalen Finanzausgleichs erstattet. Da das hierfür vorgesehene zusätzliche Geld i.H.v. 10 Mio. EUR aus den allgemeinen Finanzausgleichsmitteln kommt, werden auch diejenigen Kommunen an der Finanzierung mitbeteiligt, deren Einwohner:innen zwar regelmäßig die Theater und Orchester besuchen, die aber selbst nicht direkt an der Finanzierung dieser Häuser beteiligt sind.
  • Die kommunalen Partner werden sich in den Finanzierungsvereinbarungen verpflichten, die ihnen über die Theaterpauschale zugewiesenen Mittel zur Finanzierung der Theater und Orchester einzusetzen.
  • Alle Verträge bauen auf einem neu berechneten Sockelbetrag für 2025 auf: Dieser wurde gebildet nach vorheriger Berechnung der Mehraufwendungen durch die aktuellen Tarifabschlüsse des TVöD, die auf die künstlerisch Beschäftigten nach NV-Bühne und TVK übertragen worden sind. Da ein Abschluss für 2025 noch nicht vorliegt, wurden hierfür einmalig mit einer Personalkostensteigerung von 3 Prozent und einer Sachkostensteigerung von 8 Prozent von 2024 auf 2025 gerechnet.
  • Danach werden jährliche Kostensteigerungen von 2,5 Prozent sowohl für Tarifentgelte als auch für die Sach- und Energiekosten angenommen. Damit beteiligten sich Land und Kommunen von Beginn an an den zu erwartenden Kostensteigerungen nicht nur für die Gehälter, sondern auch für die sonstigen Kosten. Dies ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu aktuellen Finanzierungsperiode!
  • Die langjährig etablierten Finanzierungsverhältnisse zwischen dem Land einerseits und den Kommunen andererseits werden so fortgeführt.

Am Theater Altenburg-Gera wird auch künftig nach Flächentarif bezahlt, ohne auf – dann ohnehin nicht mehr vorhandene – Rücklagen zurückgreifen zu müssen. Die Fortführung des Thüringer Staatsballetts wurde darüber hinaus ebenso verabredet wie die Aufrechterhaltung der sehr erfolgreichen Nachwuchsprogramme der Balletteleven und – in Zusammenarbeit mit der Jenaer Philharmonie – der Dualen Orchesterakademie Thüringen. Dieser kommt aufgrund ihrer Dualität mit „Grabenorchester“ bei Musiktheaterproduktionen einerseits und dem Symphonieorchester andererseits eine deutschlandweites Alleinstellungsmerkmal zu. Der Erfolg der Akademisten der vergangenen Jahre kann dies eindrucksvoll bestätigen!

Beim Landestheater Rudolstadt und den Thüringer Symphonikern Saalfeld-Rudolstadt kann die bestehende Tariflücke zum Flächentarif – immerhin fast 20 Prozent! – zum Beginn der neuen Finanzierungsperiode geschlossen werden. Die künstlerische Zusammenarbeit mit den Theatern in Eisenach und Nordhausen, zu denen das Theater Rudolstadt sein weithin beliebtes Schauspiel „exportiert“, bleibt bestehen.

Für die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach, die jeweils hälftig von Thüringer und sächsischer Seite finanziert wird, kann die Tariflücke ebenfalls um 5 Prozentpunkte auf 85 Prozent des Flächentarifs verringert werden. Größere Schritte waren den kommunalen Partnern dort leider nicht möglich.

Das Theater Nordhausen mit dem Loh-Orchester Sonderhausen konnte in der laufenden Finanzierungsperiode bereits eine Zahlung nach Flächentarif ermöglichen. Dies bleibt für die künftige Finanzierungsperiode erhalten. Künstlerisch wird der Austausch mit dem Landestheater Rudolstadt fortgeführt, das Theater Nordhausen wird in Rudolstadt mit seinen Musiktheaterproduktionen präsent sein.

Die Staatstheater Meiningen und Weimar einschließlich ihrer hochwertigen Klangkörper werden in besonderen Maße vom Freistaat Thüringen mit 80 bzw. 79 Prozent Finanzierungsanteil mitfinanziert. Tarifliche Entlohnung wird dort weiterhin gewährleistet, die Finanzierungspartner gewährleisten auch weiterhin die finanzielle Übernahme der Kosten aller Tarifsteigerungen.

Das Theater Erfurt wird weiterhin seinen Schwerpunkt bei der Produktion von Musiktheater setzen, die bestehende Kooperation mit dem Deutschen Nationaltheater Weimar wird fortgeführt und verstetigt. Die Kooperation mit der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach wird auf beidseitigen Wunsch hingegen beendet, um beiden Häusern mehr Flexibilität bei der Auswahl von Gästen bzw. Auftrittsmöglichkeiten zu bieten.

Das Puppentheater Waidspeicher wird auch künftig nach jeweiliger Beschlussfassung durch den Trägerverein die allgemeinen Tarifsteigerungen an die Mitarbeiter weitergeben, die finanziellen Voraussetzungen hierfür werden mit der neuen Finanzierungsvereinbarung geschaffen.

Die beim Landestheater Eisenach aktuell noch bestehende Tariflücke von etwa 20 Prozent zum Flächentarif wird ab dem 1. Januar 2025 geschlossen werden. Die bisherige künstlerische Fokussierung auf das Kinder- und Jugendtheater wird erweitert, es wird künftig auch wieder eigene Sprechtheaterproduktionen für Erwachsene geben. Die bestehende Kooperation mit dem Landestheater Rudolstadt, für das das Landestheater Eisenach aber vor allem Kinder- und Jugendtheaterproduktionen anbietet, bleibt bestehen.

Beim Theaterhaus Jena wird der Charakter des steten Experimentierens in bewährter Weise fortgeführt. Hier herrscht zwar keine unmittelbare Tarifbindung – gemeinsam mit der Stadt Jena und JenaKultur besteht aber Einigkeit, dass die Beschäftigten auch hier künftig dem Flächentarif entsprechend („fair pay“) entlohnt werden.

Als echtes Erfolgsprojekt der laufenden Finanzierungsperiode zeigt sich die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach. Durch das Verschmelzen der beiden vormaligen Klangkörper (Thüringen Philharmonie Gotha und Landeskapelle Eisenach) konnte ein Orchester etabliert werden, das in der gesamten Region auf großen Zuspruch des Publikums stößt. Die Herausprägung des Barockorchesters innerhalb der Philharmonie hat mit ebensolchem Erfolg begonnen und wird fortgeführt. Auch tarifliche Verbesserung mit einer Annäherung an den Flächentarif um 10 Prozentpunkte auf 90 Prozent können in der künftigen Finanzierungsperiode ab 2025 gewährleistet werden.

Mit Verpflichtungsermächtigungen über insgesamt rund 887 Mio. EUR  (887.667.000,- EUR) für die Gesamtlaufzeit der Verträge kann landesseitig die Finanzierung der Theater und Orchester zwischen 2025 und 2032 gewährleistet werden. Dass dies gegenüber dem status quo einen Aufwuchs bedeutet, dürfte verständlich sein, weil damit einerseits die allgemeinen – und nicht unerheblichen – Tarif- und Kostensteigerungen aufgefangen werden und andererseits auch die dargelegten Schließungen bzw. Verkleinerungen der Tariflücken ermöglicht werden.

Mit den Finanzierungsverhandlungen für den langen Zeitraum von 2025 bis 2032 standen sowohl das Land als auch die Kommunen vor großen Herausforderungen. Dies gilt umso mehr, weil bei deren Beginn die inzwischen eingetretenen Kosten- und Tarifentwicklungen – nicht zuletzt wegen der Nachwirkungen der Corona-Pandemie und der erheblichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs – überhaupt nicht absehbar waren und alle Beteiligten von anderen Voraussetzungen ausgingen. Dass wir uns nunmehr vor Unterzeichnung der Vereinbarungen quasi auf der Zielgeraden befinden, freut mich umso mehr. Dafür danke ich insbesondere auch allen unseren kommunalen Partnern und der Finanzministerin für das stets kooperative und konstruktive Begleiten der Entwicklungen!