18.05.2006

Harte Zeiten für schnelle Autos

Artikel aus "DIE ZEIT" zum Thema Einfluss und Lobbying in Europa - vgl. 2. Seminarveranstaltung

Dank für das Heraussuchen an Ellen Haußdörfer!

Rußpartikel, Kraftstoffpreise, Kohlendioxid: Den Fahrzeugherstellern drohen Tempolimits und schärfere Grenzwerte - Von Fritz Vorholz

Eben erst stand die Autoindustrie wegen des Rußausstoßes ihrer Dieselfahrzeuge mit dem Rücken zur Wand, da brechen reihenweise weitere Hiobsbotschaften über die Vorzeigebranche der deutschen Industrie herein. Der Ölpreis explodiert. Der Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) sinkt nicht so wie von der Branche versprochen. In China gelten demnächst Obergrenzen für den Spritdurst von Autos. Immer öfter taucht das Wörtchen City-Maut in der verkehrspolitischen Debatte auf. Und der Ruf nach einem Tempolimit, das vor allem die Deutschen mit ihrer »Freien Fahrt« auf Autobahnen träfe, wird in Europa lauter.

Die Autogemeinde, warnt der Exekutivdirektor der Internationalen Energie Agentur (IEA), Claude Mandil, solle auf der Hut sein; wahrscheinlich kämen auf sie »Regulierungen zu, um die Erderwärmung zu bekämpfen«. Sprit schluckende Geländewagen, so genannte SUVs wie den BMW X5 oder den VW Touareg, möchte der Chef des Pariser Think Tank am liebsten ganz verbannen: in die Garagen ihrer Besitzer.

Solche Botschaften aus solch unverdächtigem Munde ist die PS-Branche nicht gewohnt.

In der Tat hat es die Autohersteller, von denen hierzulande jeder siebte Arbeitsplatz abhängt, selten so knüppeldick getroffen. Schon öfter wehrte sich die Branche zwar gegen als Gängelung empfundene Umweltnormen – in den 1970er Jahren gegen weniger bleihaltiges Benzin, in den Achtzigern gegen den Katalysator, in den Neunzigern gegen die Ökosteuer. Mit ihrem Widerstand erreichte die Lobby immerhin, dass neue Umweltvorschriften sie nur mit Verzögerung ereilten. Am Ende kamen sie doch – und stärkten sogar die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Produzenten. Nun allerdings droht die besondere Nachsicht, die Autokanzler Gerhard Schröder Volkswagen und Co zuteil werden lässt, in einen Wettbewerbsnachteil umzuschlagen: Steigende Ölpreise und wachsende Sorgen wegen der Erderwärmung lassen die deutschen Hersteller plötzlich alt aussehen.

Feinstaubalarm: Den Autofahrern droht die verordnete Immobilität

Wie beim Thema Ruß: Anstatt aus den Erfahrungen zu lernen, verließ sich die Autolobby auf ihre guten Drähte ins Berliner Kanzleramt und wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen, ihre immer beliebter werdenden Dieselfahrzeuge mit Filtern auszustatten. Mittlerweile gesellt sich fast wöchentlich eine neue Stadt zu der Gruppe jener Kommunen, in der die seit Anfang des Jahres geltenden EU-Feinstaub-Grenzwerte überschritten werden – und manchen Mobilen droht die Immobilität, weil Stadträte und Bürgermeister auf die Idee kommen könnten, sie aus den besonders belasteten Straßenschluchten zu verbannen. In der vergangenen Woche forderten die Verkehrsminister der Länder die Bundesregierung jedenfalls bereits auf, Voraussetzungen »für eine pragmatische Umsetzung von Benutzervorteilen« zu schaffen. Im Klartext: Rußschleudern soll die Einfahrt in besonders belastete Zonen verwehrt werden.

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