19.04.2023

Landesregierung sorgt für Transparenz

Zum Vorwurf der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, die Landesregierung betreibe „Tricksereien“ bei der Beratung zum Bericht des Thüringer Rechnungshofs über die Prüfung der Leitungsstellen in den obersten Landesbehörden erklärt der Chef der Staatskanzlei, Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff:

Der Vorwurf des justizpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Herr Schard, die Landesregierung würde „tricksen“ ist so inakzeptabel wie in der Sache ungerechtfertigt.

Die Landesregierung erklärte am 14. März 2023 im Hinblick auf den am selben Tag veröffentlichten Sonderbericht des Thüringer Rechnungshofes „Der heute vom Thüringer Rechnungshof vorgelegte Sonderbericht gibt die Gelegenheit, die Praxis der Stellenbesetzungen in den Leitungsbereichen der obersten Landesbehörden im Lichte der Empfehlungen des Rechnungshofes anzupassen. Zu diesem Zweck wird die Landesregierung nun den Sonderbericht auswerten und zügig entsprechende Vorschläge unterbreiten.“

In den Kabinettsitzungen am 21. März 2023 und am 28. März 2023 wurden die Bewertungen der Prüfungsergebnisse des Thüringer Rechnungshofes durch die Landesregierung erörtert und Maßnahmen zur Umsetzung von Empfehlungen des Rechnungshofes festgelegt. In der am 28. März 2023 durchgeführten Sondersitzung des Thüringer Landtages (Protokoll) erstattete ich den Mitgliedern des Thüringer Landtages einen ausführlichen Sofortbericht, indem unter anderem folgende Maßnahmen dargelegt wurden:

-          Die Landesregierung wird eine Novelle zur Anpassung des Thüringer Laufbahnrechts vorlegen. Mit dieser Änderung wird Klarheit geschaffen, dass § 28 ThürLaufbG nicht für Staatssekretär:innen als sogenannte politische Beamt:innen im Sinne des § 27 ThürBG Anwendung findet. Die Ressortabstimmung wurde eingeleitet und das Kabinett führt den 1. Kabinettdurchgang in Kürze durch.

-          Einzelne Länder haben die Rechtsstellung der Staatssekretär:innen gesetzlich außerhalb des Beamtenrechts geregelt. Wir haben angekündigt zu prüfen, ob eine gesetzliche Regelung außerhalb des Beamtenrechts mehr Klarheit schaffen kann und welche Folgewirkungen ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis hätte. Diese Prüfung wurde durchgeführt. Das Kabinett wird sich in Kürze mit den Prüfergebnissen befassen.

-          Politische Beamt:innen in Thüringen sind die Staatssekretär:innen, der Präsident des Landesverwaltungsamtes, der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz, der Präsident der Landespolizeidirektion, die Landesgleichstellungsbeauftragte, Beauftragte für Integration, Migration und Flucht und der Regierungssprecher. Hinzu tritt nach § 98 Abs. 2 ThürBG der Direktor beim Thüringer Landtag. Das Bundesverfassungsgericht vertritt die Auffassung, dass dem Institut des Politischen Beamten gegenüber dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ein „eng zu bestimmender Ausnahmecharakter“ zukommt. Es soll sich um den „engsten Kreis unmittelbarer Berater der Träger politischer Ämter“ handeln. Das Kabinett wird sich deshalb in Kürze mit einem Vorschlag zur Reduktion des Katalogs der politischen Beamt:innen in Thüringen befassen und eine entsprechende Gesetzesänderung dem Thüringer Landtag zur Beratung vorlegen.

-          Das Kabinett hat die „Eckpunkte zur Ausgestaltung der Leitungsbereiche der Staatskanzlei und der Ressorts“ beraten. Auf dieser Grundlage werden Maßgaben für die Ausstattung der engeren Leitungsbereiche, also Ministerbüros, Staatssekretärsbüros, Referat Presse/Öffentlichkeit, einschließlich der entsprechenden Stellenbewertung festgelegt und so wie es der Rechnungshof vorschlägt, die Umfänge der Leitungsbereiche aufgabenkritisch geprüft.

-          Die Landesregierung nimmt die Kritik des Rechnungshofes an der mangelnden Dokumentation und ungenügenden Tätigkeitsdarstellungen ernst. Der Rechnungshof weist auf die gesetzesmäßige Verpflichtung zur Aktenführung in Personalangelegenheiten hin. Die Ressorts haben bereits begonnen, vorhandene Mängel zu beseitigen.

-          Die Landesregierung wird die Tätigkeitsdarstellungen und die damit verbundenen Bewertungen nachholen.

-          Für künftige Einstellungsfälle werden Tätigkeitsbeschreibungen und –bewertungen vor der Einstellung angefertigt.

-          In Übereinstimmung mit dem Rechnungshof stellen wir fest, dass die Funktion des Staatssekretärs grundsätzlich auf Dauer angelegt ist. Dem ist mit der Ausbringung einer Planstelle Rechnung zu tragen. Arbeitsvertragliche Anstellungen erfolgen deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen. Die entsprechenden Arbeitsverträge sollen die beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften nachbilden. Die Staatskanzlei wird unter Beteiligung des Finanzministeriums und des Ministeriums für Inneres und Kommunales Musterverträge erstellen und diese mit dem Rechnungshof abstimmen.

-          Die Landesregierung wird künftig eine befristete Beschäftigung von Staatssekretär:innen nur im Ausnahmefall in Betracht ziehen und die Hinweise des Rechnungshofes beachten.

Um dem Transparenzinteresse des Thüringer Landtages Rechnung zu tragen, wurde bereits am 21. März 2023 – also eine Woche vor der Durchführung der Sondersitzung des Thüringer Landtages am 28. März 2023 – durch mich gemäß § 74 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtages beantragt, dem für die Staatskanzlei zuständigen Ausschuss für Europa, Kultur und Medien über die „Schlussfolgerungen der Landesregierung aus dem Sonderbericht des Thüringer Rechnungshofs an den Thüringer Landtag und die Thüringer Landesregierung nach § 99 ThürLHO über die Prüfung ‚Stellenbesetzung in den Leitungsbereichen der obersten Landesbehörden‘ zu berichten.

Diesem Antrag wurde bis heute, dem 19. April 2023, durch keine Fraktion oder parlamentarische Gruppe im Thüringer Landtag widersprochen. Die Landesregierung hat angesichts der Erwartung, dass das Transparenzinteresse der Mitglieder des Thüringer Landtages weiterhin besteht, dafür Sorge getragen, dass an der heutigen Sitzung des Ausschusses für Europa, Kultur und Medien – im Übrigen ebenso wie an der für Freitag, den 21. April 2023 festgesetzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses des Thüringer Landtages – neben dem Chef der Staatskanzlei alle Ressorts auf fachlicher Ebene vertreten sind, um Fragen der Abgeordneten zum Bericht des Thüringer Rechnungshofes und den von ihm geprüften Vorgängen in den Ressorts und der Staatskanzlei beantworten zu können.

Zur Sondersitzung des Thüringer Landtages am 28. März 2023 wurde sowohl durch die regierungstragenden Fraktionen ein Antrag mit Berichtsaufträgen an die Landesregierung eingebracht (Drs. 7/7615) als auch durch die Fraktion der CDU, gemeinsam mit der Parlamentarischen Gruppe der FDP (Drs. 7/7574). Die Anträge wurden in der Sondersitzung des Thüringer Landtages nicht beschlossen, sondern überwiesen in den Haushalts- und Finanzausschuss sowie den Justizausschuss. Unabhängig von der bislang nicht erfolgten Beschlussfassung durch den Thüringer Landtag hat die Landesregierung – zuletzt gestern in der Sitzung des Ältestenrates des Thüringer Landtages –, dass sie diese Anträge wie inzwischen nachgereichte Anträge für die Ausschussberatungen (Vorlage Nr. 7/4969 und Vorlage Nr. 7/4992) behandelt als seien sie bereits beschlossen, also alle darin enthaltenen Berichtsersuchen bearbeiten und beantworten wird, soweit die entsprechenden Aufträge nicht bereits erledigt wurden.

Aus dem vom justizpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion erhobenen Vorwurf: „Dass der Staatskanzlei-Chef jetzt eigenmächtig die Beratung in den ihm genehmen Europa-Ausschuss verlagert, ist eine unerträgliche Missachtung des Parlaments. In der parlamentarischen Demokratie entscheidet die Mehrheit – und nicht die Regierung nach Gutsherrenart. Dieses Manöver ist durchsichtig. Offenkundig will Herr Hoff nur in dem Ausschuss berichten, in dem seine Partei, die LINKE, den Vorsitz hat. Die CDU-Fraktion fordert die Regierung auf, den demokratischen Willen des Parlaments zu respektieren. Die Aufklärung gehört nicht in den Europaausschuss, sondern in den Haushaltsausschuss und sollte dort wie geplant am Freitag beginnen.“ spricht nicht nur ein zweifelhaftes Selbstverständnis von der unparteiischen Arbeitsweise der Vorsitzenden der Landtagsausschüsse, sondern auch der Funktionsfähigkeit der Gewaltenteilung im Freistaat Thüringen insgesamt. Die Landesregierung weist die haltlosen Unterstellungen entschieden zurück.

Das parlamentarische Regierungssystem wird nicht zuletzt durch die Kontrollfunktion des Parlaments geprägt. Die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Verwaltung verwirklicht zum einen den Grundsatz der Gewaltenteilung, der für das Grundgesetz ein tragendes Funktions- und Organisationsprinzip darstellt. Die Kontrollfunktion ist Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament. Es gibt nach Auffassung der Thüringer Landesregierung keine „genehmen“ oder „nicht genehmen“ Ausschüsse des Thüringer Landtages, sondern ein handlungs- und funktionsfähiges Parlament, dem eine auskunftsfähige und vor allem auskunftswillige Landesregierung gegenübertritt.

Nachtrag:

Mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP gegen die Stimmen von DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnte der Ausschuss für Europa, Kultur und Medien am 19. April 2023 ab, sich mit dem Antrag der Landesregierung auf Abgabe eines Sofortberichtes zu befassen.

DPA zitierte mich danach wie folgt: "«Ich bedauere sehr, dass die Mehrheit aus CDU, AfD und FDP es heute mit der Begründung der Nichtzuständigkeit abgelehnt hat, sich über die Schlussfolgerungen aus dem Bericht des Rechnungshofes berichten zu lassen», sagte Hoff nach der Sitzung der dpa. Die Staatskanzlei und alle Ressorts seien vertreten gewesen, um den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen. Hoff verwies zudem auf die unparteiische Arbeitsweise aller Vorsitzenden der Landtagsausschüsse und darauf, dass aktuell die Opposition die Mehrheit im Landtag und allen Ausschüssen stelle."

 

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