18.11.2020
Benjamin-Immanuel Hoff

Rede vor dem Bundesrat am 18. November 2020

18.11.2020 - Benjamin-Immanuel Hoff - Bevölkerungsschutzgesetz und Demokratie - Bundesrat 996. Sitz.

Das Parlament muss entscheiden!

Ich bin gefragt worden, warum die Partei, der Ministerpräsident Bodo Ramelow und ich angehören, im Bundestag gegen das Infektionsschutz-Gesetz gestimmt hat, jedoch der Freistaat Thüringen im Bundesrat zustimmen wird. Bodo Ramelow hat gefordert, dass die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung der Regierungen der Länder und des Bundes auf eine stärkere parlamentarische Grundlage gestellt wird. Die Generalklausel des Infektionsschutzgesetzes dürfte nicht dauerhaft die Grundlage unseres Agierens als Regierung in dieser Pandemie sein.

Im Bundesrat – und das ist der Unterschied zum Deutschen Bundestag - sitzen keine Abgeordneten, die vom Volk gewählt sind. Der Bundesrat setzt sich aus den Landesregierungen zusammen. Wenn wir im Bundesrat über ein Gesetz abstimmen, das unsere eigenen Kompetenzen als Regierungen beschneidet, um die Parlamente zu stärken, dann kann man als Mitglied einer Landesregierung, wenn man genau dieses Ziel verfolgt, dieses Gesetz nicht ablehnen.

Diese Klärung der Parlamentsrechte ist unverzichtbar. Ich sage bewusst „unverzichtbar“ und nicht „alternativlos“. Es gibt immer eine Alternative, auch wenn politisch oft anderes behauptet wurde. Die Alternative muss freilich die bessere sein. Heute sehe ich keine bessere Alternative zur Stärkung der Parlamente in der Pandemie. Aber auch für dieses Gesetz gilt: Der Bessere ist der Feind des Guten. Insofern hat u.a. DIE LINKE im Deutschen Bundestag als Oppositionspartei berechtigte Kritik am Gesetz geäußert, dass es ihr nicht weit genug geht.

Warum ist diese Debatte so wichtig? Das Corona-Virus stellt viele unserer bisherigen Gewissheiten auf eine harte Probe. Wir wollen wissen – Woher kommt das Virus? Wann wird es wieder weg sein? Wie lange dauert das noch? Das macht uns unsicher. Das prägt die öffentliche Diskussion, die privaten Gespräche. Es zerreißt Familien und versetzt Freundeskreise in Stress. Und es treibt Menschen auf die Straße. Dabei bezeichne ich nicht alle, die in den letzten Wochen gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert haben, als Corona-Leugner. Es gibt darunter eine Reihe von Menschen, die vor allem Angst haben um unsere freiheitliche Grundordnung. Sie haben Angst, dass politische Akteure Lust an der autoritären Versuchung bekommen. Das etwas ins Rutschen gerät in unserer freiheitlichen Gesellschaft. Das ist berechtigt. Diese Debatte muss geführt werden. Wer mit dieser Position auf die Straße geht, ist das notwendige Korrektiv jeder politischen Entscheidung in unserer Demokratie. Aber – ich kann diese Demokrat:innen nicht mehr unterscheiden von Corona-Leugner, Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern. Deshalb machen Sie sich als Demokratinnen und Demokraten erkennbar! Lassen Sie uns gemeinsam diskutieren. Aber zeigen Sie auch Ihre deutliche Differenz zu denjenigen, den Holocaust verharmlosen und das Erinnern an z.B. Anne Frank für billige Zwecke instrumentalisieren um den Eindruck einer Meinungsdiktatur zu erwecken.

 

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