05.07.2020
Benjamin-Immanuel Hoff

Plan B für Thüringens Schlösser und Gärten

Ein Positionspapier zur aktuellen Diskussion über die Zukunft der Thüringer Schlösser und Gärten

In diesem an Jubiläen überreichem Jahr 2019 feierte auch die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) den 25. Jahrestag ihres Bestehens. Allein in die 31 Liegenschaften dieser Stiftung, zu der Einrichtungen wie die Heidecksburg in Rudolstadt, das Schloss Sondershausen, die Dornburger Schlösser oder die Veste Heldburg mit dem Deutschen Burgenmuseum zählen, wurden zwischen 1994 und 2017 rund 227 Mio. EUR investiert. Diese erheblichen Ausgaben werden ergänzt durch Investitionen, die über Denkmalschutz-, Städtebauförderung und weitere Programme sowie aus privatem Engagement finanziert wurden. Davon profitierten auch Schlösser, Gärten, Burgen, Guts- und Herrenhäuser, die nicht zur STSG gehören. Darüber hinaus investiert der Freistaat in Schlösser und Gärten, die zu Einrichtungen wie der Klassik Stiftung Weimar (KSW) gehören oder wie bei der Wartburg-Stiftung bzw. der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha (SSFG) den baulichen Stiftungsgegenstand darstellen.

 

Gleichwohl wird auch in Thüringen die Frage aufgeworfen, ob es verhältnismäßig sei, in hohem Umfang in die Repräsentanzen einer Epoche zu investieren, die mit der Abdankung von deutschem Kaiser, Königen und Herzögen vor 100 Jahren als beendet betrachtet werden kann. Nicht zuletzt, da aufgrund der historischen Zersplitterung Thüringens in zahlreiche Kleinstaaten bis 1920 auf verhältnismäßig engem Raum eine bemerkenswert hohe Zahl von Residenz- und Lustschlössern besteht. Zur Erinnerung: um 1700 existierten allein zehn ernestinische, zwei schwarzburgische und drei reußische Herrschaften, ergänzt um albertinische Herrschaften, die kurhessische Exklave Schmalkalden sowie kurmainzische Besitzungen. Später ließen sich zusätzlich reiche Bürger, zumal nach der Erhebung in den Adelsstand, eigene Schlösser errichten oder Burgen ausbauen.

 

All diese Schlösser, Burgen, Guts- und Herrenhäuser prägen bis heute die Orts- und Landschaftsbilder, beeinflussen lokale und regionale Identität und sind Anknüpfungspunkte von Kultur, Tourismus oder Wirtschaftsentwicklung. Sie erzählen Geschichten von Heimatverbundenheit, Unternehmensgeist aber auch gescheiterter Privatisierungen bis hin zu Wirtschaftskriminalität wie beispielsweise bei Schloss Reinhardsbrunn. Wenn der vormalige Direktor der STSG, Prof. Paulus 2015 formulierte, dass für eine verfasste Demokratie Schlösser in staatlicher Treuhänderschaft ein sichtbarer Ausdruck der Souveränität des Staatsvolks seien, hat die rot-rot-grüne Landesregierung diesen Anspruch seit 2014 untersetzt.

 

Allianz für Thüringens Kulturerbe und die geplante Kulturstiftung mitteldeutsche Schlösser und Gärten (KMSG)

Bereits vor mehreren Jahren bildete sich unter Federführung der beiden SPD-Politiker Johannes Kahrs (inzwischen aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden) und Carsten Schneider eine Allianz von Bundestagsabgeordneten, denen die Erhaltung und Fortentwicklung der Schlösser, Gärten, Burgen und Sakralbauten sowie die Bewahrung und Präsentation der entsprechenden beweglichen Kunst- und Kulturgüter in unserem Freistaat am Herzen liegt.

 

Dieser Allianz ist es zu verdanken, dass im Bundeshaushalt erhebliche Finanzmittel für u.a. Schloss Friedenstein in Gotha – sowohl für die Sanierung des Schlosses als auch einer über Friedenstein hinausreichend Digitalisierungsstrategie -, für die Sanierung des Lindenau-Museums in Altenburg und eine Vielzahl weiterer Orte unseres Kulturerbes verankert wurden. Diese Wertschätzung gegenüber unserem kulturellen Erbe und dessen weit über unseren Freistaat hinausreichenden Bedeutung, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

 

Vor inzwischen zwei Jahren schuf diese Allianz für das Thüringer Kulturerbe die haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen für ein »Sonderinvestitionsprogramm I (SIP I) mitteldeutsche Schlösser und Gärten«. Dieses SIP I umfasst je 100 Mio. EUR Investitionsmittel für diese Kulturdenkmäler, sofern die beiden Länder jeweils die Kofinanzierung in gleicher Höhe übernehmen. Mit dem seit Jahresbeginn geltenden Haushalt 2020 haben die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen für Thüringen diese Voraussetzung geschaffen.

 

Neben dem investiven SIP I soll der Bund laut Beschlusslage des Deutschen Bundestages – zeitlich unbefristet – unter den gleichen Kofinanzierungsmaßgaben Betriebsausgaben für Museen und andere kulturelle Einrichtungen in den Schlössern, Burgen und Sakralbauten im Umfang von bis zu 15 Mio. EUR je Land je Jahr tragen.

 

Der Deutsche Bundestag hat das Sonderinvestitionsprogramm I und die Betriebskostenzuweisungen gemäß Haushaltsbeschluss an die Maßgabe geknüpft, dass die Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt eine gemeinsame „(Kultur)Stiftung Mitteldeutsche Schlösser und Gärten“ gründen.

 

Diese Vorgabe des Bundestages entsprach und entspricht nicht dem ursprünglichen Wunsch der Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen. Da beide Länder über eigene Stiftungen verfügen – in Sachsen-Anhalt die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt (KST) und im Freistaat die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) – hatten sie gegenüber den Bundestagsabgeordneten alternative schlanke Finanzierungswege aufgezeigt:

  • entweder die Zurverfügungstellung der Investitionsmittel des Bundes für kulturelle Investitionen, an die STSG bzw. KST
  • oder die Bildung einer schlanken Förderstiftung, die als gemeinsames Dach der beiden Länderstiftungen zur Umsetzung des SIP I und der daran anschließenden und notwendigen SIP II bis SIP… dienen könnte.

Beide Optionen wurden vom Bundesgesetzgeber in den Abstimmungsgesprächen mit den beiden Ländern abgelehnt. Vielmehr präferierte und präferiert dieser eine auf Dauer angelegte öffentlich-rechtliche Stiftung beider Länder, in der die jeweilige Landesstiftung aufgehen solle.

 

Kulturhoheit der Länder oder »Goldene Zügel« des Bundes

Angesichts der sehr detaillierten Vorgaben des Bundesgesetzgebers und seiner Repräsentanten ist ein schmerzhaftes Spannungsverhältnis zwischen der Kulturhoheit unseres Freistaates und »Goldenen Zügeln« des Bundes entstanden. Diese Spannung berührt auch das Verhältnis zwischen den kulturpolitischen Akteur*innen im Freistaat, im Landtag, der Landesregierung und den Kommunen sowie den betreffenden Kulturinstitutionen wie STSG und Museen einerseits und der Allianz für das Thüringer Kulturerbe andererseits. Es hat in Folge dessen zu einer Schieflage beigetragen, die durch eine konstruktive Lösung im Sinne eines Plan B überwunden werden muss.

 

Ausgehend von den Sanierungserfordernissen der Schlösser und Gärten, die den landespolitischen Handlungsspielraum überschreiten, habe ich mich als Kulturminister zwischen dem Angebot des Bundes, ein- bis mehrmalige Investitionskostenzuschüsse über Sonderinvestitionsprogramme mit der Aussicht auf dauerhafte Betriebskostenzuschüsse zu verbinden und dem Beharren auf unserer Kulturhoheit, die mir keine erweiterten finanziellen Handlungsspielräume bietet, letztlich für die »Goldenen Zügeln« des Bundes entschieden. Denn 30 Jahre nach der Wiedervereinigung war und ist es mir wichtig, spürbare Sanierungsfortschritte in den Kulturdenkmälern unseres Landes zu erreichen und diese Generationenaufgabe mit einer Stärkung Thüringer Kultureinrichtungen zu verbinden. Ohne eine bessere Alternative ist dieser Weg auch aus heutiger Sicht richtig.

 

Asymmetrische bilaterale Verhandlungen zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt

Am 5. Juni 2019 hat die Landesregierung im Thüringer Landtag zugesagt, dass bei der Einbringung der vorgesehenen Liegenschaften von der STSG in die KMSG die STSG rechtlich und inhaltlich unverändert bleibt und weiter entwickelt werden soll als Kompetenzträgerin des Freistaats in Sachen Schlösser, Burgen, Gärten. Als Bewahrerin und Entwicklerin des kulturellen Erbes sein, Kompetenzzentrum für Erforschung und Vermittlung des kulturellen Erbes, zentrale Netzwerkpartnerin für touristische Leistungsträger und Organisationen sowie als Anlaufstelle für private und kommunale Schloss- und Burgbesitzer. Diese Erwartungen wurden bislang nicht oder nur zum Teil erfüllt.

 

Daran tragen die schwierigen Rahmenbedingungen der Regierungsbildung seit der Landtagswahl und des Übergangskabinetts Kemmerich (vgl. dazu den sehr instruktiven Beitrag von Torsten Oppelland in der aktuellen Ausgabe der ZParl) ebenso wie die Corona-Krise Verantwortung, ebenso handwerkliches Missgeschick, für das ich als Kulturminister die politische Verantwortung mir zurechnen muss.

 

Dennoch liegen die Ursachen für die zu geringe Berücksichtigung Thüringer Interessen im aktuellen Staatsvertrag tiefer. Wie im nachstehenden Abschnitt über die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten gezeigt werden wird, hat unser Nachbarland Sachsen-Anhalt vor geraumer Zeit die absolut richtige Entscheidung getroffen, eine handlungsfähige Kulturstiftung aufzubauen, in die nicht nur die Liegenschaften von Schlössern und Sakralbauten eingegangen sind, sondern auch Betrieb von Museen sowie ursprünglich als auch weiterhin selbständiger Stiftungen.

 

Exkurs zur Kulturstiftung Sachsen-Anhalt

Im Jahre 1996 wurden sowohl die »Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt« als auch die »Domstiftung« unter gemeinsamer Vorstandschaft und Verwaltung gegründet. Fünf Jahre später übernahm die Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten die Treuhänderische Verwaltung der »Kloster Bergesche Stiftung« sowie der »Stiftung Kloster Unser Lieben Frauen«.

 

2005 fusionierten die beiden rechtlich selbstständigen Landesstiftungen »Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt« und die »Domstiftung« unter dem Namen »Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt«. Zugleich übernahm sie die treuhänderische Verwaltung der rechtlich selbstständigen »Stiftung Kloster Michaelstein«.

 

Erneut fünf Jahre später trat die Landesstiftung in eine Verwaltungskooperation mit der »Stiftung Moritzburg — Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt« ein, der drei Jahre später ein Betriebsübergang folgte.

 

Seit dem Jahr 2014 besteht die treuhänderische Verwaltung der unselbstständigen »Stiftung Moritzburg — Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt« sowie der unselbstständigen »Stiftung Kloster Michaelstein— Musikakademie Sachsen-Anhalt für Bildung und Aufführungspraxis«.

 

Im Jahre 2017 wurde die Landesstiftung in Kulturstiftung Sachsen-Anhalt umbenannt.

 

Die Kulturstiftung besteht aus einem Vorstand mit Generaldirektor sowie 5 Direktionen:

  • Hauptverwaltung
  • Bau- und Liegenschaftsverwaltung
  • Kunst- und Kulturgut der KST, Museen
  • Kloster Michaelstein / Musikakademie für Bildung und Aufführungspraxis
  • Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale).

Zusätzlich verfügt die KST über einen Wirtschaftsbetrieb, der Serviceaufgaben u.a. auch für die Gedenkstätten in Sachsen-Anhalt erbringt.

 

Bei der Gründung einer länderübergreifenden neuen Stiftung, in der KST und STSG aufgehen sollen, ist die Frage zu klären, welche der beiden bestehenden Landesstiftungen den organisatorischen Unterbau bietet, die Aufgaben der zu bildenden gemeinsamen Stiftung bestmöglich zu gewährleisten.

 

Vergleicht man die Organisationsstruktur und den Umfang der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt mit der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, liegt es auf der Hand, dass die STSG mitnichten den Anspruch erheben konnte, über den notwendigen Unterbau zu verfügen. Im Gegenteil – wesentliche Thüringer Residenzen (Altenburg, Meiningen aber auch Greiz) befinden sich als Liegenschaften nicht in der STSG. Die Museumsbetriebe und die Schlösserstiftung sind voneinander getrennt. Die Museumsbetriebe sind entweder kommunale Einrichtungen (in Altenburg in unterschiedlicher Trägerschaft zwischen Landkreis und Stadt) oder selbst als Stiftung organisiert (Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, SSFG) bzw. Teil einer Stiftung (Schloss Elisabethenburg Meiningen innerhalb der Kulturstiftung Meiningen-Eisenach). Zudem ist die SSFG als Stiftung bürgerlichen Rechts organisiert. Kurzum: Während Sachsen-Anhalt mit der KST die Gewähr einer zügigen Grundstruktur einer länderübergreifenden Stiftung bieten konnte, stehen in unserem Freistaat umfangreiche rechtliche, organisatorische und strukturelle Klärungsprozesse mit einer Vielzahl von Akteur*innen (Kommunen, Stiftungen, Haus Coburg-Gotha) an.

 

Die Kritik an der mangelnden Berücksichtigung Thüringer Interessen im vorliegenden Staatsvertragsentwurf ist im Hinblick auf handwerkliche Fehler vollkommen berechtigt, berücksichtigt jedoch nicht das strukturelle Ungleichgewicht zwischen den richtigen und rechtzeitig erfolgten Strukturmaßnahmen in Sachsen-Anhalt und den seit 1994 versäumten notwendigen Strukturentscheidungen in Thüringen. Da ich als Kulturminister seit 2014 in Thüringen Verantwortung trage, muss auch ich mir dieses Versäumnis zurechnen lassen. Aus heutiger Sicht ist dies berechtigt und wurde von mir jüngst im Thüringer Landtag entsprechend auch ausgeführt. Gleichzeitig wurden in der Prioritätensetzung seit 2014 wichtige andere Entscheidungen getroffen:

  • Das Enteignungsverfahren für Schloss Reinhardsbrunn voranzutreiben und faktisch zum Abschluss zu bringen,
  • Eine in regelmäßigen Abständen vorzulegende Übersicht gefährdeter Kulturdenkmäler und in deren Folge konkrete Schritte zur Abwendungen dieser Gefährdungen
  • Die Finanzierung und Umsetzung von Investitionen in der STSG.

Unter den vorstehend genannten Maßgaben, eine länderübergreifende Stiftung zu bilden, in der die jeweiligen Landesstiftungen aufgehen, haben die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen einen Staatsvertragsentwurf erarbeitet. Dieser Entwurf ist flächendeckend auf Kritik gestoßen. Die Kritik bewegt sich dabei im Wesentlichen auf drei – vielfach ineinandergreifenden – Ebenen:

  • Die Bildung einer länderübergreifenden Stiftung wird grundsätzlich abgelehnt. Wenn überhaupt sollte eine schlanke Förderstiftung gebildet werden.
  • Kritisiert wird, dass auf die neue Stiftung das Landesrecht Sachsen-Anhalt angewendet werden soll und zwar sowohl hinsichtlich des Stiftungsrechts, des Personalvertretungsrechts als auch des Haushaltsrechts. Darüber hinaus wird kritisiert, dass der Sitz der Stiftung in Sachsen-Anhalt liegen solle. Für die Stiftung muss zur Klarheit der Rechtsanwendung ein rechtlicher Sitz bestehen; dies soll Halle sein. Dies ist für uns unproblematisch, da die rechtlichen Regelungen in Thüringen und Sachsen-Anhalt kaum voneinander abweichen. Diese Festlegung über die Anwendung des rechtlichen Rahmens beeinflusst insbesondere die Vereinbarungen im Staatsvertrag über die neue Stiftung in keiner Weise. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass es sich bei der KMSG um eine Stiftung außerhalb Thüringens handeln wird. Zudem werden die Einrichtungen weiterhin wie bisher vor Ort betrieben werden, auch die Liegenschaften wird niemand aus den Orten verbringen können. Es ist somit wenig redlich, in der Öffentlichkeit von einem Ausverkauf Thüringer Kulturgüter zu sprechen. Die stiftungsrechtlich zulässige und einfach umzusetzende Regelung eines Doppelsitzes wird an dieser Kritik vermutlich keine Änderung hervorrufen, weil die Kritik auf die Aufrechterhaltung der Thüringer Stiftung Schlösser und Gärten als eigenständige Stiftung abzielt und sich in den dargestellten Kritikpunkten eher in der Befürchtung bestätigt sieht, dass Thüringen in der neuen länderübergreifenden Stiftung übervorteilt werden könne.
  • Seitens der Museen wird wiederum befürchtet, dass die Thüringer Museen in den betreffenden Kulturdenkmälern in der neuen länderübergreifenden Stiftung an Souveränität einbüßen könnten.

Angesichts dieser grundsätzlichen Kritik entspricht es sowohl politischer Rationalität als auch der Akzeptanz und Ernsthaftigkeit im Umgang mit Kritik – insbesondere wenn man diese Kritik selbst öffentlich vertreten hat – trotz eines weit fortgeschrittenen Stadiums, ein solches Großvorhaben mit solch grundsätzlicher Wirkung zu hinterfragen.

 

Ich habe in Reaktion auf Kritik des kommunalen Beirates der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten formuliert, dass diejenigen, die sich gegen die Gründung der länderübergreifenden Kulturstiftung mitteldeutsche Schlösser und Gärten aussprechen, eine bessere Idee auf den Tisch legen müssen. Diese Erwartung richtet sich auch an mich selbst. Wenn die Gründung der länderübergreifenden Kulturstiftung mitteldeutsche Schlösser und Gärten (KMSG) nur gegen den massiven Widerstand der die Stiftungsidee notwendigerweise tragenden Akteur*innen durchsetzbar wäre, muss auch der zuständige Kulturminister einen Plan B in der Tasche haben.

 

Strukturprobleme der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Zweck der Stiftung ist es, die kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaften, insbesondere in Bezug auf ihre historische, kunsthistorische, denkmal-pflegerische und landschaftsprägende Bedeutung, zu verwalten. Hierzu gehört es insbesondere, die Liegenschaften baulich zu betreuen sowie sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder einer ihrer Bedeutung gerecht werdende Nutzung zuzuführen.

 

Diese Aufgabe hat die Stiftung mit den begrenzten ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erfolgreich umgesetzt. Die bei der Gründung im Errichtungsgesetz seitens der Landesregierung als notwendig für die Umsetzung der Stiftungsziele vorgesehenen 15 Mio. DM jährlicher Finanzbedarf standen der Stiftung nur begrenzte Zeit zur Verfügung, denn haushaltspolitische Entscheidungen einerseits und die seitdem sich vollziehenden Preisentwicklung führten dazu, dass die der Stiftung zugestandenen Mittel seit langer Zeit für die tatsächliche Aufrechterhaltung der Stiftungsziele zu knapp bemessen waren und sind. Es bestand und besteht die Notwendigkeit der Anpassung. Durch vielfältige Entscheidungen der rot-rot-grünen Koalition wurde dem gestiegenen Finanzbedarf Rechnung getragen.

 

Darüber hinaus wurde in meiner Amtszeit als Kulturminister

  • mit der Finanzierungsvereinbarung mit dem Bund über die Sanierung von Schloss Friedenstein im Umfang von 60 Mio. EUR,
  • die Finanzierungsvereinbarung zur Sanierung des Lindenau Museums im Volumen von 48 Mio. EUR sowie
  • den Landesanteil am Sonderinvestitionsprogramm der Klassik Stiftung Weimar im Umfang von 40 Mio. EUR für das Stadtschloss Weimar

ein Volumen von weiteren 158 Mio. EUR für die Sanierung von Schlössern und Museen in Thüringen ermöglicht. Von einem Ausverkauf Thüringer Kulturgüter kann keine Rede sein.

 

Vielmehr hat die Bundestagsallianz für Thüringer Kultureinrichtungen auf vielfältige Weise den Rahmen für Investitionen in unsere Kulturdenkmäler ermöglicht, die seit 1990 ihresgleichen suchen. Das parallel dazu Sanierungsmaßnahmen an den historischen Theaterliegenschaften in Altenburg und Nordhausen, dem Theater Rudolstadt stattfinden und auch das Deutsche Nationaltheater eine Generalsanierung erfahren wird, ist Ausdruck verantwortungsvoller Kulturpolitik.

 

Zudem hat diese Landesregierung mit der erfolgreichen Enteignung der verantwortungslosen Eigentümer von Schloss Reinhardsbrunn ein Zeichen gesetzt, dass Denkmalschutz auch unbequeme Mittel und Wege nicht scheut. Allein daran wird deutlich, wie wichtig dieser Landesregierung die Schlösser, Gärten, Burgen, Klöster als Zeugnisse unserer Landesgeschichte und Identität sind. Wir wollen diese Zeugnisse bewahren, sie entwickeln, ihnen Zukunft geben.

 

Die Stiftung hat seit ihrem Bestehen mehr als 230 Mio. EUR für die ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften investiert. Sie wurde ihrer Aufgabe zudem durch intensive flankierende kulturelle, vermittelnde und wissenschaftliche Aktivitäten gerecht.

 

Dennoch besteht eine erhebliche Lücke zwischen den der Stiftung zur Verfügung stehenden Investitionsmitteln einerseits und dem Investitionsbedarf für die der Stiftung zugeordneten Liegenschaften. Ein von der Stiftung aufgestellter Investitionsplan geht – nur für die in der Stiftung befindlichen Liegenschaften – von Investitionserfordernissen in einem dreistelligen Millionenvolumen aus.

 

Das Sonderinvestitionsprogramm I für die mitteldeutschen Schlösser und Gärten würde für die Befriedigung dieses Investitionsbedarfs Raum für spürbare Entlastungen und Sanierungsfortschritte. Aber es löst bei weitem nicht alle Probleme.

 

Denn wer ehrlich auf die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) schaut, wird die bestehenden Mängel unmittelbar erkennen:

 

1. Der Stiftungszweck ist zu eng gefasst

Wie bereits dargelegt, besteht der Zweck der Stiftung darin, die kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaften, insbesondere in Bezug auf ihre historische, kunsthistorische, denkmalpflegerische und landschaftsprägende Bedeutung, zu verwalten. Hierzu gehört es insbesondere, die Liegenschaften baulich zu betreuen sowie sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder einer ihrer Bedeutung gerecht werdenden Nutzung zuzuführen.

 

Demgegenüber sollte es Zweck der Stiftung sein,

  • die in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften zu erhalten, insbesondere in Bezug auf ihre historische, kunsthistorische, denkmalpflegerische und landschaftsprägende Bedeutung zu verwalten.
  • die Baudenkmale baulich zu betreuen,
  • die beweglichen Kunst-und Kulturgüter in ihrem Bestand zu erhalten und konservatorisch zu betreuen
  • sowie sie und die Baudenkmale wissenschaftlich zu erschließen
  • und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen
  • oder einer ihrer Bedeutung gerecht werdenden Nutzung zuzuführen.

Diese Unterscheidung ist keine Semantik, sondern eine Stiftung in diesem Sinne würde die in Thüringen bestehende – und wenig fruchtbare – Trennung zwischen kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaften einerseits und den in ihnen vielfach bestehenden Sammlungen aufheben und darüber hinaus der Stiftung auch den aktiven Zweck zuweisen, die Liegenschaften einer ihrer Bedeutung gerecht werdenden Nutzung zuzuführen.

 

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Die ostthüringer Burg Ranis ist nicht nur als Literaturstandort bekannt, sondern auch über die seit Jahren bestehende finanzielle Überforderung der Kommune als Träger des Museums, trotz intensiver Hilfe des Landes, den Museumsbetrieb aufrechtzuerhalten, der wiederum wichtiger Aspekt der Aufenthaltsqualität in der Burg ist. Sinnvollerweise müsste die Stiftung hier beispielsweise Träger des Museums werden.

 

2. Wesentliche kulturhistorische Liegenschaften sind nicht Bestandteil der STSG

Bei allen verdienstvollen Bemühungen der STSG, die Schatzkammer Thüringens abzubilden, waren diesen Bemühungen deshalb Grenzen gesetzt, weil relevante, die Residenzkultur Thüringens prägende Liegenschaften nicht Bestandteil der STSG waren und sind. Hierzu gehören sowohl das Schloss Elisabethenburg in Meiningen als auch das Residenzschloss Altenburg beide jeweils mit dem Schlosspark und den dazugehörigen historischen Ensembles.

 

Dass diese kulturhistorisch bedeutsamen Liegenschaften nicht in der STSG sind, beruht auf kommunalen Entscheidungen, die angesichts der disparaten Finanzierungsmöglichkeiten einerseits aber auch der Trennung von Liegenschaft und Betrieb wenig Attraktivität für die betreffenden Kommunen entfaltete, kommunale Souveränität aufzugeben, ohne sich einen tatsächlichen Mehrwert zu versprechen. Auch die Trennung zwischen der Liegenschaft Schloss Friedenstein einerseits und dem Museumsbetrieb in der Stiftung Schloss Friedenstein andererseits ist Ausdruck dieser misslichen Situation. Dass das Schloss Reinhardsbrunn nicht Bestandteil der STSG war und ist, liegt in der tragischen Privatisierungsgeschichte begründet, die ihrerseits durch die Landesregierung beendet wurde.

 

3. Wenig schlagkräftiger Apparat / Fehlende Handlungsmöglichkeiten

Die personelle Ausstattung der STSG kann euphemistisch als „schlank“ beschrieben werden. Die weniger euphemistische Sichtweise stellt fest, dass im Vergleich zu anderen Schlösserstiftungen extrem schmal ausgestattet ist und durch in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen beispielsweise nicht einmal selbst die Parkpflegerinnen und Parkpfleger im eigenen Stellenplan beschäftigt. Sie hat zudem keine Möglichkeiten, in geeigneter Weise Rahmenbedingungen für funktionierende Gastronomie in den von ihr verwalteten Liegenschaften zu schaffen, da ihr auch dafür die gesetzlichen Rahmenbedingungen fehlen. Dies trägt dazu bei, dass u.a. an Juwelen unserer Schlösserlandschaft, wie beispielsweise in Dornburg, die gastronomische und touristische Aufenthaltsqualität nicht gewährleistet ist.

 

Dies waren und sind übrigens Gründe, die für die länderübergreifende KMSG sprechen, denn diese mitteldeutsche Stiftung soll – anders als die Thüringer Schlösser Stiftung – nicht nur die ihr übertragenen Liegenschaften verwalten, sondern selbst Träger von Museen werden. Das ist gesetzlich für die Thüringer Schlösserstiftung derzeit nicht möglich – obwohl wir es für wünschenswert halten.

 

Das Bessere ist der Feind des Guten: Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten 2.0

Die Entscheidung eines eigenständigen Thüringer Weges muss mehr bedeuten, als die strukturelle Aufrechterhaltung des Status quo und zielt auf eine grundlegende Neugestaltung der bestehenden Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ab.

 

Der Stiftungszweck ist dahingehend zu erweitern, dass die STSG 2.0

  • die in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften erhält und insbesondere in Bezug auf ihre historische, kunsthistorische, denkmalpflegerische und landschaftsprägende Bedeutung verwaltet sowie einer ihrer Bedeutung gerecht werdenden Nutzung zuführt
  • die Baudenkmale baulich betreut,
  • die beweglichen Kunst-und Kulturgüter in ihrem Bestand erhält, konservatorisch betreut und ergänzt
  • die Baudenkmale und die beweglichen Kunst- und Kulturgüter wissenschaftlich erschließt, der Öffentlichkeit zugänglich macht
  • die eine der Bedeutung ihrer Liegenschaften und den darin befindlichen beweglichen Kunst- und Kulturgütern angemessene Bildungs- und Vermittlungsarbeit betreibt und
  • zielgruppenorientierte Marketingkonzepte entwickelt, die den Tourismus in unserem Land befördern

 

Diese erweiterte Ausrichtung muss sich auch in einer Neuaufstellung widerspiegeln. Die Entwicklung zur STSG 2.0 bedarf einer dauerhaften erheblich verbesserten finanziellen Ausstattung. Diese ist unabdingbare Bedingung, dass bisherige Träger bereit sind und dies auch im kommunalen Konsens durchsetzen können, ihre Einrichtungen zu übertragen.

 

1. Inhaltliche Ausrichtung der STSG 2.0

Leitthema der neuen Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten ist die Residenzkultur, wozu sich wesentliche Zeugnisse aller Teile der Thüringer Residenzkultur in ihr abbilden sollen. Die Residenzkultur in Thüringen ist von europäischem Rang. Schon seit dem späten 16. Jahrhundert befanden sich die Kleinstaaten im geographischen Raum Thüringen in einer territorialherrschaftlichen Situation, die machtpolitische Ambitionen ausschloss. In den teils übergroß dimensionierten Schlossanlagen und den Residenzmuseen wird diese Entwicklung erfahrbar und sinnlich erlebbar. Die Landesherren legten über Jahrhunderte kunst-, kultur- und naturgeschichtliche Sammlungen an. So entstanden Sammlungen von außergewöhnlicher Vielfalt und Qualität. Bis heute spiegeln sie eine in Deutschland einzigartige Dichte einer Residenzkultur, die die Bereiche Theater, Naturkunde, bildende Kunst gleichberechtigt umfasst, wider.

 

Die herausragende Bedeutung der Residenzkultur soll sich niederschlagen in dem zu entwickelnden Antrag zur Aufnahme in die nationale Vorschlagsliste von Kultur- und Naturdenkmälern Deutschlands der Bundesrepublik Deutschland für die UNESCO –Welterbeliste bzw. zur Aufnahme in das Europäische Kulturerbe.

 

Dieses kulturelle Erbe der historischen Kleinstaaten lebt in einer anhaltenden Identifizierung der Bürger mit ihrem Schloss, ihrem Museum und ihrem Theater fort und erzeugt dann Widerstand gegen übergreifende Strukturen, wenn sie nicht die Garantie für den Erhalt und darüber hinaus einen erheblichen und offenkundigen Mehrwert für den jeweiligen Standort bedeuten.

 

Da die Erhaltung und Entwicklung ihres kulturellen Erbes die Kommunen vor kaum tragbare Belastungen stellt, ist auf kommunalpolitischer Ebene eine stärkere Offenheit für Strukturveränderungen entstanden.

 

2. Integration von Museen

Die STSG fungierte bisher weitgehend als Liegenschaftsverwaltung mit einem oft konfliktbehaftetem Verhältnis zu den musealen und anderen Nutzern. Eine Zusammenführung von Liegenschaftsverwaltung, Denkmalschutz und kultureller Nutzung ermöglicht die Entwicklung und Vermarktung des jeweiligen Schlosses als Einheit und nimmt damit den historischen Grundgedanken auf.

 

Daher würde eine neue Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Trägern die Übernahme von für die Residenzgeschichte bedeutsamen Museen anbieten. Ziel ist die Einheit von Liegenschaft und Museum, wobei die Übernahme auch die Teile der Museen oder Museumsverbünde betreffen kann, die sich nicht auf Liegenschaften der Stiftung befinden, um bestehende Museen und Museumsverbünde nicht zu zerstören. Museen, die keinen oder nur geringe Bedeutung für die Residenzgeschichte haben, sind nicht für die Aufnahme in die Stiftung vorgesehen.

 

Das Ergebnis der Integration von Residenzmuseen muss:

  • eine zentrale Rolle der Museen und ihrer Sammlungen in einer grundlegend erneuerten STSG 2.0 sein,
  • einen nicht nur ideellen Mehrwert für die Museen bedeuten,
  • das Sammlungsgut vor Ort belassen,
  • eine hohe Souveränität der musealen Einrichtungen gewährleisten,
  • eine finanzielle Entlastung aber auch weitere (finanzielle) Mitverantwortung der bisherigen Träger garantieren,
  • und die Mitsprache der bisherigen Träger sichern,
  • die Interessen der musealen Nutzer sich zentral in den Verwaltungsstrukturen der STSG 2.0 widerspiegeln.

 

Die Einbringung der Museen würde in der Regel als Zustiftung, durch die sie in ihrer Gesamtheit mit Sammlungen und Personal übergehen. Möglich wäre natürlich auch die Einbringung der Sammlungen als Dauerleihgaben an die STSG 2.0, die die Museen betreibt.

 

Die Bedeutung der Museen müsste sich in der Stiftungsstruktur darin ausdrücken, dass die großen Museen jeweils eigenständige Struktureinheiten vergleichbar dem Direktorat Moritzburg in der KST bilden. Kleinere Museen können zu einer Struktureinheit zusammengefasst werden, wie in der KST in der Direktion 3 Museen. Querschnittsaufgaben werden zentral erfüllt.

 

Die bisherigen Träger würden mit der Einbringung in die Stiftung finanziell entlastet, verpflichten sich aber vertraglich weiter einen Beitrag zum Betrieb des eingebrachten Museums zu leisten. Kommunalen Zuwendungsgebern werden selbstverständlich Mitspracherechte in der Stiftung eingeräumt.

 

3. Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha nimmt wegen ihrer Größe und kulturhistorischen Bedeutung als Blaubucheinrichtung eine Sonderrolle ein. Es wäre wünschenswert, wenn die SSFG im Zuge der Neuausrichtung der STSG 2.0 vergleichbar zur bedeutsamen Rolle von Schloss Moritzburg in Sachsen-Anhalt in der KST einbezogen werden würde.

 

Dafür spräche nicht nur die unverzichtbare Zusammenführung von Liegenschaft und Museumsbetrieb, die freilich keinesfalls aus der STSG an eine weiterhin eigenständige SSFG erfolgen sollte, weil damit die inhaltlichen Ziele nicht erreicht und wichtige Synergien verloren gehen würde. Aus der SSFG heraus können Querschnittsaufgaben für alle Museen wahrgenommen werden. So ist das von der Bundesregierung geförderte langfristige Digitalisierungsprojekt auf alle Einrichtungen der STSG 2.0 auszuweiten. Die Einbringung einer Stiftung bürgerlichen Rechts in die STSG 2.0 bedarf einer Änderung des Thüringer Stiftungsgesetzes.

 

4. Änderung Stiftungsgesetz der STSG

Um die Ziele zu verwirklichen, bedarf es einer grundlegenden Reform und Weiterentwicklung der bestehenden Stiftung durch Anpassung des Errichtungsgesetzes. Dazu sind grundlegende Änderungen und Schaffung von Rahmenbedingungen notwendig:

  • Stiftungszweck
  • Liegenschaftsbestand
  • Möglichkeit der Gründung einer Servicegesellschaft zum Betrieb von Gastronomie u.a.
  • Organe
    • Stiftungsrat,
    • Stiftungsleitung
    • Beratungsgremien wie kommunaler Arbeitskreis und Sachverständigen-Beirat.

 

5. Verbesserte finanzielle Ausstattung

Die Neuaufstellung der bisherigen Stiftung zur STSG 2.0 bedarf erheblicher finanzieller  Anstrengungen des Freistaates.

 

Die Aufnahme weiterer Liegenschaften in die STSG 2.0 und deren Sanierung erhöht den finanziellen Zuwendungsbedarf an die STSG 2.0, der bereits jetzt auf ca. 400 Mio. € insgesamt geschätzt wird. Der Einsatz der vom Bund vorgesehen 100 Mio. € aus dem Sonderinvestitionsprogramm und der vorgesehenen Komplementärfinanzierung in gleicher Höhe wird eine wichtiger Meilenstein sein.

 

Zur Umsetzung des Sonderinvestitionsprogramms ist eine verbesserte personelle Ausstattung der STSG 2.0 gegenüber der STSG notwendig. Anzustreben ist, dass der Bund sich an Stelle der jährlichen Betriebskosten von 15 Mio. € je Land für eine „mitteldeutsche Schlösserstiftung“ finanziell an der Neustrukturierung der STSG 2.0 beteiligt.

 

Auch mit der Integration der überwiegend kommunal finanzierten Museen in die STSG 2.0 übernimmt der Freistaat Thüringen dauerhaft weitere rechtliche und finanzielle Verpflichtungen.

 

Für die Akzeptanz der Neuaufstellung der STSG 2.0 dürfen notwendige Steigerungen der Finanzausstattung der STSG 2.0 nicht zu Lasten der übrigen Kulturlandschaft, insbesondere der Museumslandschaft und der freien Kulturträger gehen.

 

Weiteres Vorgehen

Die Entscheidung, einen eigenen Thüringer Weg zu beschreiten, muss im schlechtesten Fall auch mit der Souveränität verbunden sein, auf Bundesmittel zu verzichten. Wer die Erwartung hat, dass der Bund – ob nun Bundesregierung oder Bundestag – die Thüringer Entscheidung, von der Gründung der länderübergreifenden KMSG Abstand zu nehmen, problemlos mit der Aufrechterhaltung sowohl der 100 Mio. EUR Investitionsmittel als auch der Betriebskostenzuweisungen „vergoldet“, unterliegt vermutlich einem Irrtum.

 

Die Entscheidung für einen eigenständigen Thüringer Weg bedeutet, insbesondere in Zeiten der Coronakrise-bedingten negativen Haushaltsentwicklung, dass nur die bereits als Verpflichtungsermächtigung in den Haushalt eingestellten Ko-Finanzierungsmittel in Höhe von 100 Mio. EUR zur Verfügung stehen. Und auch diese Mittel nur unter der Voraussetzung, dass der Landtag als Haushaltsgesetzgeber diese Mittel auch dann für die Schlösser und Gärten in Thüringen zur Verfügung stellt, wenn keine Bundesmittel bereitgestellt würden.

 

In Übereinstimmung mit dem Kulturminister Sachsen-Anhalts, Rainer Robra, habe ich mich an die Kulturstaatsministerin Grütters gewendet, mit der Bitte erneut über die Möglichkeiten einer Förderstiftung oder der direkten Finanzierung von KST und STSG zu verhandeln. Hierzu finden bereits Abstimmungen zwischen den Ländern und dem Bund statt. Auch der Kulturminister in Sachsen-Anhalt hat entsprechende Überlegungen dem Bund zur Verfügung gestellt. Unter diesem Gesichtspunkt werden die Entwürfe von Finanzierungsvereinbarungen mit dem Bund sowie Verwaltungsvereinbarungen zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen erarbeitet.

 

Parallel zu diesen Bund-Länder-Gesprächen finden zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen weiterhin Erörterungen zur Verbesserung des Staatsvertragsentwurfes statt, um die vorliegenden Kritikpunkte auszuräumen. Denn hinsichtlich der KMSG die Hände in den Schoß zu legen, wäre fahrlässig.

 

Zusätzlich werden in der Staatskanzlei die notwendigen Vorarbeiten für eine Anpassung des Errichtungsgesetzes der STSG im oben beschriebenen Sinne vorgenommen.

 

Angesichts dieser parallelen Prozesse ist es nicht nur im Sinne der Ökonomie der Ressourcen, sondern auch mit dem Ziel, baldmöglichst Rechts- und Planungssicherheit für alle Beteiligten herzustellen, unverzichtbar, zügig zu abschließenden Festlegungen zu kommen und den für Thüringen besten Weg zu entscheiden. Ein Plan B liegt nunmehr vor. 

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