21.01.2019
Benjamin-Immanuel Hoff / Helmut Holter

Kulturagenten für kreative Schulen in Thüringen werden in neuer Form fortgesetzt

Erschienen in: Hoff, Benjamin/ Holter, Helmut "Kulturagenten für kreative Schulen in Thüringen werden in neuer Form fortgesetzt", in: Politik& Kultur, 2019

Während der Stellenwert kultureller Bildung heute weitgehend anerkannt wird, sind die institutionellen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Träger kultureller Bildung häufig disparat. Die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen hatte deshalb bereits in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen, das zum Schuljahr 2011/2012 begonnene Programm »Kulturagenten für kreative Schulen« fortzusetzen.

Das Programm wurde bundesweit initiiert durch die Mercator-Stiftung und die Bundeskulturstiftung, die es zunächst auch förderten. Am Programm beteiligten sich die Länder Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Der Freistaat bediente sich zur Umsetzung des Programms der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in Jena, ab 2016 wurde die Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung in Thüringen (LKJ) Träger dieser Maßnahme. Seit dem Schuljahr 2015/2016 wurde das Programm für weitere vier Jahre verlängert; ab dem Schuljahr 2018/2019 wird es jedoch ausschließlich aus Landesmitteln finanziert. (Ab 2015 haben sich die Stiftungen schrittweise aus der Förderung zurückgezogen und diese dann im Schuljahr 2018/ 2019 ganz eingestellt. Neben dem Kunstgeld sind darüber hinaus die Stellen für die 5 Künstler-Kulturagent/-innen und das Landesbüro bei der LKJ zu finanzieren.

Das Ziel dieser Verstetigung bestand darin, die gesammelten Erfahrungen und das Wissen aus dem Modellprogramm dauerhaft in die Landesstrukturen zu überführen. Möglichst vielen Kindern und Jugendlichen sollte ein Zugang zur Welt der Künste eröffnet, kreatives Denken gefördert und zu eigenen Erfahrungen mit Kunst und Kultur angeregt werden.

Zu diesem Zweck betreuen bisher zehn Kulturagent/-innen jeweils ein lokales Netzwerk von drei Schulen (neben Regelschulen auch Grundschulen, Förderschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien). Gemeinsam mit den Schüler/-innen, dem Schulkollegium, Eltern sowie Künstler/-innen und Kulturinstitutionen sollen sowohl ein vielfältiges und passgenaues Angebot der kulturellen Bildung als auch künstlerische Projekte entwickelt werden. Jede Programmschule benannte ihrerseits eine kulturbeauftragte Lehrkraft.

Zur Umsetzung der Projekte stellten das Thüringer Bildungsministerium und die in der Staatskanzlei ressortierende Abteilung Kultur und Kunst jährlich gemeinsam 200.000 EUR zur Verfügung – das sogenannte Kunstgeld.

Da mit Ablauf des Schuljahres 2018/2019 auch die zweite Finanzierungsphase des Kulturagenten-Programms endet, nahmen die Staatskanzlei, das Bildungsministerium und die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung bereits im vergangenen Jahr Gespräche über die Zukunftsperspektiven des Programms auf. Übereinstimmung bestand mit Blick auf die Maßgaben des Koalitionsvertrags darin, das Programm nicht auslaufen zu lassen. Gleichzeitig war zu konstatieren, dass auch die prägenden Kulturstädte im Land nicht in der Lage sein würden, die Kulturagent/-innen in die kommunale Verwaltung zu überführen, das Programm also zu kommunalisieren. Übereinstimmung bestand darüber hinaus darin, dass die Kulturagent/-innen dort, wo sie an Schulen tätig gewesen waren und sind, eine hohe fachliche Qualität kultureller Vermittlung erreicht wurde. Eine flächendeckende Wirksamkeit im Freistaat und dem ländlich geprägten Netz von Klein- und Mittelstädten wurde jedoch nicht erreicht. Dafür war die Zahl der Programmschulen auch acht Jahre nach dem Start des Modellversuchs zu klein geblieben.

In Übereinstimmung zwischen Bildungsministerium und Thüringer Staatskanzlei soll künftig in jedem der 5 Schulämter des Freistaates eine Koordinatorin oder ein Koordinator für Kulturelle Bildung tätig sein. Bei der Landesvereinigung sollen fünf Kulturagent/-innen regionale Netzwerke zwischen Schule und Kultur knüpfen, diese betreuen und sich dazu der Schulamts-Koordinator/-innen partnerschaftlich bedienen. Wurden die Thüringer Programmschulen also bisher sehr stark individuell in ihrer Projekt- und Schulentwicklung begleitet, was maximal drei bis vier Schulen pro Kulturagent/-in ermöglichte, steht künftig die regionale Netzwerkarbeit zwischen Kultur und Schule im Mittelpunkt. Die Mittel des sogenannten Kunstgeldes bleiben bei Staatskanzlei und Bildungsministerium ungeschmälert in Höhe von 200.000 EUR erhalten, wobei mit diesem Geld durch Einwerbung von flankierenden Programmmitteln des Bundes oder kommunalen bzw. privaten Drittmitteln eine Hebelwirkung erreicht werden soll.

Dieser grundsätzlichen Neuorientierung des Kulturagenten-Programms liegen die in Thüringen gesammelten Erfahrungen der Kulturentwicklungskonzeptionen (KEK) zugrunde, die sich grundsätzlich auch im TRAFO-Programm des Bundes wiederspiegeln. Über zwei Jahre begleitete die Landesregierung die Nordthüringer Landkreise Nordhausen und Kyffhäuserkreis einerseits und die Südthüringer Landkreise Sonneberg und Hildburghausen bei der Entwicklung landkreisübergreifender Kulturentwicklungskonzeptionen und finanzierte weitere zwei Jahre deren Umsetzung. Die dabei gesammelten Erfahrungen hinsichtlich der Bedeutung verlässlicher Kommunikation, der Unterstützung sogenannter »local heroes« und regionaler Kooperation werden künftig auch auf die Kulturagent/-innen angewendet.