04.07.2019

Rede zum Antrag der AfD zur Herstellung von Transparenz bei Beteiligungen politischer Parteien an Medienunternehmen

Vom 04. Juli 2019

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, auch ich bin überzeugt, dass Transparenz tatsächlich ein wichtiges Anliegen ist. Ich hätte mich gefreut, wenn wir in dieser Wahlperiode herausgefunden hätten, wer denn unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ schreibt. Das hätte für die politische Transparenz und für die politische Klarheit gesorgt angesichts der Spekulationen darüber, dass ein AfD-Fraktionsvorsitzender unter Pseudonym in NPD-Magazinen schreibt - Punkt 1.

Punkt 2: Es ist tatsächlich richtig, dass Transparenz insgesamt wichtig ist. Deshalb wäre es auch schön, wenn wir uns parteiübergreifend auf einen Konsens verständigen können, dass man nicht gegen das Parteiengesetzt verstößt und keine nicht deklarierte Spenden annimmt.

Ich verweise hier darauf, dass die Bundestagsverwaltung in diesem Jahr bezogen auf die AfD zu einer Strafzahlungen von mehr als 400.00 EUR festgelegt hat, weil die AfD-Abgeordnete Alice Weidel, der AfD-Abgeordnete Meuthen und weitere nicht deklarierte Spenden angenommen haben. Unter anderem von der Schweizer Goal AG oder dem Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten.

In Baden-Württemberg wurden 2016 im AfD-Wahlkampf Sachleistungen angenommen, die nicht oder nicht ausreichend im Rechenschaftsbericht deklariert wurden. Das gleiche in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2017: Die Annahme geldwerter Leistungen, bei denen die Spender zum Zeitpunkt der Spendenannahme nicht klar waren, und Spenden in Höhe von 180.000 EUR an Frau Weidel aus der Schweiz und aus den Niederlanden. Das ist fehlende Transparenz, die - und darum geht es - tatsächlich gegen das Parteiengesetz verstößt und Sie bauen hier einen Pappkameraden auf, bei dem ich sage, es wäre gut, wenn jede der Parteien vor ihrer eigenen Partei kehrt. Da gibt es eine Reihe von Punkten, bei den Sie als AfD einen ganz großen Besen in die Hand nehmen sollten.

Aber es geht, wenn Sie darüber sprechen, dass die Eigentumsverhältnisse von Zeitungen deklariert werden sollen, was ja - und darauf haben die Abgeordneten hingewiesen - bereits getan wird, auf der einen Seite um die Klarheit, wem welche Zeitung gehört. Aber worum es Ihnen geht - und darüber reden Sie nicht, das finde ich spannend -, dass die hauptsächliche Kritik an parteigebundenen Eigentumsverhältnissen von Zeitungen nicht die Unabhängigkeit der Zeitung ist, sondern die Wettbewerbsgleichheit der Parteien im Parteienwettbewerb. Und das ist das, was Sie ärgert: dass es hier möglicherweise eine Partei gibt, die durch ihre Eigentumsverhältnisse einen Vorteil im Parteienwettbewerb haben könnte. Ich würde sagen - zu meinem Bedauern übrigens - bezogen auf die SPD lässt sich dies derzeit nicht evidenzbasiert begründen.

Aber mir geht es um etwas anderes. Sie haben als AfD hier vor allem die SPD in den Vordergrund geschoben. Ich bin jetzt als Chef der Staatskanzlei des linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow nicht in der Situation als Sozialdemokrat zu sprechen. Aber ich verweise auf das am 4. Juni 2019 von der SPD-Bundestagsfraktion vorgestellte „Aktionsprogramm für freie und unabhängige Medien“ vorgelegt. In diesem Programm sind mehrere gesetzliche Regelungen enthalten, über die wir hier reden müssen. Dazu hat auch der Abgeordnete Blechschmidt hier gesprochen. Da geht es um das Medieninformationszugangs- und -auskunftsgesetz- ein ganz wesentlicher Punkt, der auf Bundesebene und dann auch mit Wirkung auf die Länder geregelt werden muss. Es geht um die Wahrung von Berufsgeheimnissen und es geht vor allem um den Informantenschutz in allen Prozessordnungen. Eine Regelung, die als Whistleblower-Gesetzgebung bekannt ist und zu der erste Schritte gegangen wurden, bei denen wir aber weiter gehende Schritte brauchen und ich die SPD im Deutschen Bundestag nur bitten und auffordern kann, dort bei diesem Thema weiter dranzubleiben und sich auch durchzusetzen in dieser Bundesregierung, weil es das wirklich braucht.

Ein weiterer Punkt - die Unterstützung und Förderung des freien, investigativen Qualitätsjournalismus und der regionalen Medienvielfalt unter anderem auch durch die Entwicklung und den europäischen Vergleich von entsprechenden Förderstrukturen: Das ist ein Thema, das uns beschäftigt und das uns hier auf der Landesebene auch über Bürgermedien etc intensiv befasst. Ich bin froh, dass die Landesmedienanstalt sich in diesem Sinne einsetzt.

Der letzte Punkt - und das Schlimme ist doch, dass wir hier in unserem Land offenbar Regelungen benötigen - und die deutsche Sozialdemokratie weiß aus ihrer Geschichte heraus aufgrund leidvoller Erfahrungen sehr genau, warum sie dies anspricht: die Hilfe und den Schutz von Medienschaffenden durch die Sicherheitskräfte von Bund und Ländern. Weil es nicht zuletzt die Sturmabteilungen wie Pegida, Sügida und anderen der AfD sind, die Journalistinnen und Journalisten in diesem Land bei Demonstrationen der AfD massiv bedroht haben.

Und dass wir in einer Situation sind, das eine SPD heraus ein solches Aktionsprogramm formuliert und dabei diesen Punkt aufnehmen muss, zeigt, dass Geschichte nicht zu Ende ist. Angesichts dessen sage ich, darüber müssten Sie reden, Herr Höcke, und nicht einen Parteienpopanz aufbauen, indem Sie einer Partei, hier der SPD, und anderen vorwerfen, dass sie Medienbeteiligungen hält, worüber jede Zeitung in diesem Land in den letzten Jahrzehnten wahrnehmbar geschrieben hat. Jeder kann es nachlesen, jeder kann es nachlesen, jeder weiß es auch. Aber ich sage Ihnen auch, ich bin froh, dass eine Partei wie die Sozialdemokratische Partei Deutschlands die „Frankfurter Rundschau“ als ein linksliberales Sturmgeschütz als Tageszeitung unterstützt und dadurch gerettet hatte. Ohne die „Frankfurter Rundschau“ wäre dieses Land ein ganzes Stück ärmer.

Vielen Dank.