29.03.2019

Thüringen erfolgreich bei Bürokratieabbau auf europäischer Ebene

In der 975. Sitzung des Bundesrates sprach Europaminister Prof. Dr. Hoff beim Tagesordnungspunkt 35: „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung“ über einen Antrag des Freistaates Thüringen. Der Antrag verfolgte das Ziel, zukünftig die Verpflichtung zur Ausstellung sog. A1-Bescheinigungen für kurze Geschäfts- und Dienstreisen ins EU-Ausland aufzuheben bzw. zumindest flexibler zu handhaben.

Eine „A1-Bescheinigung“ ist zum Nachweis über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit erforderlich und soll doppelte Erhebungen von Sozialbeiträgen vermeiden. Minister Hoff unterstrich in seiner damaligen Bundesratsrede, dass die Regelung grundsätzlich vernünftig ist, um Lohndumping und Sozialbetrug zu bekämpfen. Bei kurzen geschäftlichen Aufenthalten im EU-Ausland, mit denen weder die Erbringung einer Dienstleistung noch die Herstellung von Produkten verbunden ist, aber sei sie unnötig bürokratisch und unverhältnismäßig.

Zudem besteht häufig das Problem, dass bei kurzfristigen Geschäftsreisen oftmals gar nicht die Zeit vorhanden ist, ein solches Formular beizubringen, so dass Reisende Gefahr laufen, „illegal“ unterwegs zu sein und mit Bußgeldern bedacht zu werden.

Seit Januar 2019 ist das elektronische Verfahren für die Beantragung und Ausstellung der „A1-Bescheinigung“ obligatorisch, um zwischen den Behörden einen besseren Informationsaustausch zu gewährleisten. 

Auf europäischer Ebene einigten sich nur wenige Tage nach der Bundesratsrede, am 19. März 2019, die EU-Institutionen im Trilog auf eine vorläufige politische Einigung über das seit gut zwei Jahren im Gesetzgebungsverfahren befindliche Dossier zur Revision der Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherung und seiner Durchführungsverordnung.

Dabei wurden - im Sinne der Thüringer Initiative im Bundesrat - unnötige Formalitäten bei den „A1- Bescheinigungen“ gestrichen. Zukünftig gilt nun folgendes: Für Geschäfts- und Dienstreisen ins EU-Ausland von kurzer Dauer braucht ein solches Formular nicht beantragt zu werden, wenn mit der Tätigkeit keine Erbringung von Serviceleistungen oder Herstellung von Produkten verbunden ist. Das ist beispielsweise bei der Teilnahme an Konferenzen, Seminaren oder Fortbildungen der Fall. 

Wenn eine zuständige Behörde aus dem Wohnsitzmitgliedstaat des Arbeitnehmers nach 35 Arbeitstagen immer noch kein A1-Formular an die zuständige Behörde im Aufnahmestaat geschickt hat, kann Letztere davon ausgehen, dass "das Dokument nie ausgestellt wurde". Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer rückwirkend dem Sozialversicherungssystem im Aufnahmestaat angeschlossen sein muss.

Auf Seiten des Parlaments muss der informell vereinbarte Text nun noch durch eine Abstimmung im Plenum vor Ende der laufenden Legislaturperiode bestätigt werden. Auf Ratsseite wird es noch eine abschließende Prüfung der Ergebnisse durch den Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV) in der kommenden Woche geben. Diese Prüfung wird vermutlich sehr genau und detailliert erfolgen.