07.04.2016

Nominierung für Musik-Gordi

Seit drei Jahren wird vom Magazin Musikforum und der neuen musikzeitung der Negativpreis "Musik-Gordi" verliehen. Wie ich einer Pressemitteilung entnahm, bin ich in diesem Jahr für den Preis nominiert. Daraufhin lud ich die Initiatoren zu einem Gespräch nach Erfurt ein, um nicht weiterhin übereinander zu reden, sondern in einen Dialog zu treten:

 

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Höppner, sehr geehrte Herren Kolb und Koch,

durch eine Pressemitteilung bin ich darauf aufmerksam geworden, dass Sie mich für den von Ihren beiden Zeitungen entwickelten und bislang dreimal vergebenen „Musik-Gordi“ nominiert haben. Dieser Preis wird, wie ich lernte, seit 2013 im Rahmen der in Frankfurt am Main stattfindenden Musikmesse vergeben. Wer diesen Preis erhalten kann – neben mir sind der Oberbürgermeister der Stadt Hagen und die Berliner Wissenschafts- und Bildungssenatorin nominiert – wird  durch eine Internet-Abstimmung festgestellt. Bei dieser Internet-Abstimmung kann jede Person so oft abstimmen wie sie möchte, die Grundgesamtheit kann also zwischen n=1 und n=x betragen.

Nun ist für mich das methodisch zweifelhafte Entscheidungsverfahren darüber, wer den Negativpreis am Ende erhält, nicht der Anlass, dass ich mich an Sie wende. Nach der von Ihnen formulierten Beschreibung steht der Musik-Gordi „nicht in einer Reihe mit anderen so genannten Negativpreisen, sondern ist als Aufforderung zum Handeln zu verstehen, den gordischen Knoten zu durchschlagen und sich der Verantwortung gegenüber der Kultur und den Kulturschaffenden zu stellen.“

Angesichts dessen ist es für mich ausgesprochen überraschend, dass ich weder durch die Redaktion des Musikforums, die nmz, den Deutschen Musikrat zu dem die Zeitschrift Musikforum gehört oder durch den hiesigen Landesmusikrat, dessen Präsident Prof. Lange immerhin auch dem Thüringer Kulturrat vorsteht, über die beabsichtige Verleihung dieses Negativpreises informiert und zur Musikmesse Frankfurt eingeladen wurde, um mich der von Ihnen gewünschten „Verantwortung gegenüber der Kultur und den Kulturschaffenden“ zu stellen.

Statt dessen beabsichtigen Sie morgen in meiner Abwesenheit über mich und Ihre Meinung zur Thüringer Kulturpolitik und den künftigen Theaterverträgen zu sprechen und durch die mutwillig hergestellte Abwesenheit meinerseits öffentlich den Eindruck zu erwecken, ich würde mich dieser Auseinandersetzung nicht stellen wollen. Diesen Eindruck möchte ich jedoch nicht stehen lassen. Wir haben hier in Thüringen vor über einem Jahr begonnen in einem intensiven Prozess der fachlichen Debatte zwischen Trägern der Theater und Orchester sowie den Intendantinnen und Intendanten über die Theater- und Orchesterlandschaft, Tarifpolitik etc. zu diskutieren. Daraus ist ein umfangreiches Analyse- und Diskussionspapier unter dem Titel „perspektive 2025“ entstanden. Dieses wurde in mehr als 100 Gesprächen mit Orchestervorständen, Gewerkschaftsvertretern, Betriebsräten, Intendanten, Fördervereinen der Theater und Orchester, mit Ballettdirektor/-innen, Studierenden der Musikhochschule (nmz berichtete) diskutiert und in öffentlichen Debatten mit insgesamt mehreren tausend Kulturbürger/-innen debattiert.

Derzeit verhandeln wir die Theaterverträge für die nächsten acht Jahre, die alle Sparten vom Schauspiel über das Ballett, Puppenspiel bis zu den Orchestern und die technischen Gewerke an den Thüringer Theatern und Orchestern umfassen. Sie repräsentieren eine dieser Sparten, die für Thüringen wichtig und kulturell prägend ist, jedoch einzubeziehen ist in eine Gesamtentscheidung über alle Sparten.

Wenn Sie tatsächlich ernsthaft an einer Debatte über die mit Ihrem Negativpreis verbundenen Aufforderung zur kulturpolitischen Verantwortungsübernahme interessiert sind, dann plädiere ich dafür, dass sie die klandestine Ebene verlassen, in Abwesenheit über mich und meine Politik zu reden, sondern in die Debatte mit den hiesigen Akteuren und mir einsteigen.

Ich lade Sie herzlich nach Erfurt ein. Wenn Sie im Ergebnis der Diskussion tatsächlich meinen, ich hätte den Musik-Gordi verdient, weil Budgetsteigerungen im Bereich mehrerer Millionen für den Theater- und Orchesterbereich, Planungssicherheit bis 2025, der Erhalt von Werkstätten und Schauspiel, Stärkung des Staatsballetts und einseitige Tarifsteigerungen des Landes selbst dann, wenn Kommunen diese nicht zahlen würden etc., wäre eines Negativpreises würdig – dann können Sie mir den Musik-Gordi gern persönlich überreichen.

Mit freundlichen Grüßen

 

Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff