17.10.2006

Freies oder privatisiertes Mandat – Parteien, Abgeordnete und das Gemeinwohl

Diskussionspapier von Knud Korschewsky, Bodo Ramelow und Benjamin Hoff zum Landesparteitag der Linkspartei Thüringen, 21./22.10.2006

Auf dem „Parteienwissenschaftlichen Symposium 2006“ des Düsseldorfer Instituts für deut-sches und europäisches Parteienrecht und Parteienforschung wurde die Frage aufgeworfen, ob die politischen Parteien dem Gemeinwohl dienen oder ob vertreten sie nur Teilinteressen – oder gar in erster Linie ihre eigenen Interessen vertreten. Innerhalb der Linkspartei.PDS wird die Frage derzeit etwas anders diskutiert. Am Beispiel der umstrittenen Entscheidungen über die Privatisierung der kommunalen Wohnungsbestände in Dresden und in Erfurt sowie der Bürgermeister- und Dezernentenwahlen in Thüringen wird die Frage aufgeworfen, ob sich einzelne Abgeordnete gegen den Willen der Fraktions- und jeweiligen regionalen Par-teimehrheit oder fußend auf Absprachen in regionalen Bündnissen unter Berufung auf das „Freie Mandat“ für die kommunale Wohnungsprivatisierung oder gegen gemeinsam erarbei-tete Wahlvorschläge für Bürgermeister und Dezernenten entscheiden durften.

Der Parteienforscher Jürgen Dittberner weist darauf hin, dass bereits das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland erwartet, „dass sich das Prinzip der Freiheit des Abgeordneten und das aus der Partei kommende der Geschlossenheit einander ergänzen und optimieren: Im Artikel 21 wird der Anspruch der Parteien hervorgehoben: ‚Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.’ Sie tun das mit Hilfe der von ihnen nominierten und vom Volk gewählten Abgeordneten. Diese allerdings sind nach Artikel 38 ‚Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen’. Die Verfassung nennt also die Regel, aber wie geht das Spiel?“

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