16.08.2004

Sozialistische Linke in Regierungsverantwortung

Thesenpapier von Benjamin Hoff

1. These: Im Unterschied zum westeuropäischen Ausland besteht in Deutschland keine Normalität einer einflussreichen und koalitionsfähigen Partei links von der Sozialdemokratie. Linkssozialistische Politik verbleibt damit auf dem Status informeller Zirkel. Die PDS ist der erste Ansatz dies zu ändern.

2. These: Die Diskussionen innerhalb der deutschen Linken über Regierungsbeteiligungen wird aufgrund der strukturellen Schwäche in der Regel als theoretische Ob- und nicht als praxisorientierte Wie-Debatten geführt.

3. These: Die These, dass eine parlamentarische Partei unabhängig von Opposition, Tolerierung oder in Regierungsverantwortung gesellschaftliche Opposition betreiben könne vernachlässigt das Spannungsverhältnis zwischen der Ausübung bürgerlicher Staatsgewalt durch LinkssozialistInnen in der Regierung und der Aufrechterhaltung einer auf Überwindung genau dessen zielender Strategie.

4. These: LinkssozialistInnen müssen sich jedoch auch dann, wenn die Regierungsbeteiligung nicht systemtransformatorische Ergebnisse zeigen wird, mit der Frage einer Regierungsbeteiligung auseinandersetzen, wenn durch ihre Stimmen die Bildung einer Rechtsregierung verhindert werden kann.

5. These: Die Tolerierung einer – in der Regel sozialdemokratischen – Minderheitsregierung kann ein Ausweg aus dem Dilemma sein, einerseits eine Rechtsregierung zu verhindern und andererseits sich nicht dem „demokratischen Zentralismus“ der Koalitionsdisziplin unterzuordnen.

6. These: Die Tolerierung ist kein Königsweg. Entscheidend ist die Fähigkeit des linken Bündnisses, Misstrauensvoten im Parlament erfolgreich überstehen zu können. Insofern sind LinkssozialistInnen in der Tolerierungsentscheidung abhängig von der – in der Regel sozialdemokratischen – Partei, die die Minderheitsregierung stellt. Lehnt diese ab, muss die Frage eine originären Regierungsbeteiligung wiederum gestellt werden.

7. These: Linkssozialistische Politik vor und in Regierungsverantwortung erfordert eine dauerhafte Kommunikation und Verständigung über jeweilige Rollen mit sozialen Bewegungen und insbesondere den Gewerkschaften. Darüber hinaus ist eine Diskussion über radikalreformerische Politik mit VertreterInnen der Linken in Grünen und Sozialdemokratie, wie sie mit dem Crossover-Prozess einmal begonnen hatte wiederaufzunehmen und die Linkspartei-Initiativen daran zu beteiligen.

8. These: Die Einschätzung linkssozialistischer Politik in Regierungsverantwortung leidet unter dem Dilemma, dass Steuerungsmöglichkeiten unterschiedlicher Ebenen (Gemeinden, Länder, Bund) nicht trennscharf genug abgegrenzt werden. Darüber hinaus werden die Strukturprobleme entwickelter Wohlfahrtsstaaten noch immer in den Kategorien des Keynesianismus debattiert – unter Vernachlässigung der Erkenntnisse seit den 70er Jahren geführter Krisentheorien. Dies führt zu Fehleinschätzungen sozialistischer Regierungspolitik, wie derzeit an der Kritik der Regierung Lula zu betrachten.

Das vollständige Thesenpapier können Sie lesen, wenn Sie den Text downloaden.