03.05.2017

Rede zum "Tag der Pressefreiheit - Thüringer Journalismus stärken"

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 3. Mai 2017

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

vergegenwärtigen wir uns am heutigen internationalen Tag der Pressefreiheit die erschütternde Bilanz des vergangenen Jahres anhand des von Reporter ohne Grenzen geführten „Barometer der Pressefreiheit“:

  • 61 Journalistinnen und Journalisten, 8 Medienassistentinnen und –assistenten, 9 Online-Aktivistinnen und –Aktivisten, kurz Blogger wurden im vergangenen Jahr aufgrund ihrer Tätigkeit getötet.
  • In Haft sind 179 Journalistinnen und Journalisten, 12 Medienassistentinnen und –assistenten sowie 157 Bloggerinnen und Blogger.

426 Personen, für die das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf faire Berichterstattung und freie Ausübung ihres Berufs nicht gilt. Die Einschränkungen ihrer Bürgerrechte oder den Verlust körperlicher und seelischer Unversehrtheit in Kauf nehmen mussten, weil sie vom Recht der Pressefreiheit Gebrauch gemacht haben.

Der heutige Tag und diese Aktuelle Stunde ist Anlass, an diese 426 Einzelschicksale zu erinnern. Zu erinnern an Deniz Yücel, der seit dem 14. Februar 2017 in der Türkei in Haft sitzt, weil er einem Redaktionsnetzwerk angehört, dass von der türkischen Regierung als Terrornetzwerk denunziert und verfolgt wird.

Insgesamt ist die Weltkarte der Pressefreiheit, wie Reporter ohne Grenzen bilanzieren, dunkler geworden:

  • 21 Länder sind nun in Schwarz getaucht. Dies symbolisiert eine „sehr ernste Lage“ für Pressevertreter. Mit Burundi, Ägypten und Bahrain sind drei Länder in den schwarzen Bereich hinzugekommen, der gravierende Schwierigkeiten für JournalistInnen markiert.
  • Im roten Bereich, der eine „schwierige Lage“ für Journalismus kennzeichnet, sind zwei Länder hinzugekommen. Die Gesamtzahl beträgt nun 51 Länder.
  • Alles in allem hat sich die Situation in beinahe zwei Drittel (62,2 Prozent) aller 180 Länder verschlechtert. Verletzungen der Medienfreiheit nehmen also weltweit zu. So Reporter ohne Grenzen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit dem Ende des Staatssozialismus in Mittel- und Osteuropa ab 1989 war ebenso wie mit dem Arabischen Frühling die Hoffnung verbunden, dass es zu einer Renaissance der demokratischen Kultur, von Meinungsfreiheit und Zivilgesellschaft kommt.

Heute müssen wir gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen bilanzieren, dass wir an einem Scheideweg der demokratischen Entwicklung auch in den traditionellen und jüngeren Demokratien stehen.

Der US-amerikanische Präsident denunziert seit seinem Amtsantritt in einem Trommelfeuer als Tweets gestandene Zeitungen und News-Corporations als „FAKE-NEWS“. Er insinuiert nicht nur, sondern behauptet klar und unmissverständlich als Präsident der Vereinigten Staaten, dass Journalisten, Blogger und Medieninstitutionen das Geschäft der Lüge betreiben würden. Einen Beweis bleibt er schuldig. Das Ziel ist einzig und allein die Delegitimierung all derjenigen, die zunehmend mehr Mut aufbringen müssen, das Selbstverständlichste zu tun, was die Aufgabe von Journalismus ist: Fakten zu ergründen, Fakten darzustellen und Fakten zu bewerten.

Prof. Renate Köcher vom Allensbach-Institut bringt es auf den Punkt, wenn Sie feststellt: „Das Novum ist nicht eine neue Aversion oder Missachtung von Fakten in der Öffentlichkeit, sondern ein Spitzenpolitiker, der den Anspruch erhebt, allein über Wahrheit und Unwahrheit zu entscheiden, und entsprechend alle, die sich diesem Anspruch widersetzen, zu diskreditieren sucht. Dies bedeutet in einem Land mit einer freien Presse zwangsläufig einen heillosen Konflikt mit den Medien und mit allen, die von der Existenz belastbarer Fakten überzeugt sind.“

Dieses Vorgehen in den USA, wo auch Journalistinnen und Journalisten im Rahmen der Berichterstattung über Proteste unter fadenscheinigen Vorwürfen festgenommen und mit Strafverfolgung bedroht wurden, die Maßnahmen der polnischen und ungarischen Regierung bleiben nicht folgenlos. Es verändert sich das Normalitätsverständnis dessen, was wir für einen demokratischen Umgang mit Presse und kritischer Meinungsäußerung halten.

In unserem Nachbarland Polen, in Ungarn aber auch bei uns in Ostdeutschland wurde vor gerade einmal einem Vierteljahrhundert die Pressefreiheit zurückerobert. In Polen wurde seit dem vergangenen Regierungswechsel der öffentliche Rundfunk faktisch der Regierung unterstellt. Durch Personalpolitik und Zwangsmaßnahmen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk Polens auf Regierungstreue getrimmt worden.

Kritische Medien werden durch eine Politik der gesteuerten Reduktion von Werbeanzeigen ausgetrocknet. Wo andere Länder kritische Medien verbieten, wie z.B. in der Türkei oder in Russland, vollzieht sich dieser Prozess in Polen durch die Hintertür.

Diese Strategie hat sich die polnische Regierung vom EU-Partnerland Ungarn abgeschaut, dessen Regierung diese Politik der Austrocknung kritischer Presse seit Jahren praktiziert. Mit traurigem Erfolg zulasten der freien Meinungsäußerung.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

um es deutlich zu sagen: Kritik an Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen ist nicht illegitim. Jedes gesellschaftliche Teilsystem, sei es Wirtschaft, Politik, Kultur oder eben Medien muss sich in einem gesellschaftlichen Diskurs auch Kritik stellen und sich gegenüber Kritik legitimieren.

Dass dies geschieht zeigt die fast unüberschaubar gewordene Zahl an Publikationen, die sich mit der Rolle von Medien, ihrer Tätigkeit auseinandersetzen. Kritik wird an den Medien geäußert und auch Medien gehen selbstkritisch mit sich ins Gericht.

Um es jedoch genauso klar zu sagen: Demokratie ist der politische Raum, der uns das Recht gibt, Fragen zu stellen und zu prüfen. In der Demokratie beugt sich die Macht dem Argument – nicht umgekehrt.

Diese Klammer demokratischen Diskurses wird unterminiert durch die Infragestellung von kritischer Berichterstattung in Form von offenen Vorwürfen der „Lügenpresse“ oder der subtilen Kritik durch Begriffe wie „sogenannte Qualitätsmedien“.

Aber auch das Dauerfeuer gegenüber den öffentlich-rechtlichen Medien empfinde ich als hochproblematisch. Sei es durch eine populistische Instrumentalisierung des Rundfunkbeitrags seitens der AfD oder ebenso populistischen Forderungen der CSU, durch die Zusammenlegung von ARD und ZDF die Sendervielfalt zu reduzieren.

Sehr geehrte Damen und Herren,

nutzen wir den heutigen Tag der Pressefreiheit uns mit denjenigen Pressevertreterinnen und Pressevertretern zu solidarisieren, die aufgrund ihrer Arbeit inhaftiert sind. Sprechen wir den Familien und Freunden der getöteten Journalistinnen und Journalisten unser Beileid aus. Machen wir als Landesregierung und Landtag gegenüber der türkischen Regierung deutlich, dass wir uns für die Freiheit von Deniz Yücel und den mit ihm inhaftierten Journalisten einsetzen.

Setzen wir uns ebenso dafür ein, dass Journalistinnen und Journalisten ihrer Arbeit nachgehen können. Der Ausschluss von Medienvertretern von Parteitagen, wie dies die AfD praktiziert, weil sie Gefälligkeitsjournalismus statt kritische Berichterstattung wünscht ist inakzeptabel.

Setzen wir uns zugleich dafür ein, dass Journalistinnen und Journalisten gute Arbeitsbedingungen vorfinden. Dies bedeutet insbesondere gesicherte Arbeitsverhältnisse statt prekärer Beschäftigung. Dies bedeutet aber auch neue Unternehmensstrategien, um eine weitere Medienkonzentration und einen weiteren Abbau von Traditionsmedien zu verhindern, so wie dieser Landtag dies bereits in einer Aktuellen Stunde am 16. März des vergangenen Jahres diskutierte.

Als Landesregierung werden wir die Medienbildung an den Schulen verstärken, weil wir dies für eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am öffentlichen Diskurs halten. Wir unterstützen die Thüringer Landesmedienanstalt in ihrer Arbeit an diesem wichtigen Feld.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

vergegenwärtigen wir uns am heutigen internationalen Tag der Pressefreiheit die erschütternde Bilanz des vergangenen Jahres anhand des von Reporter ohne Grenzen geführten „Barometer der Pressefreiheit“:

  • 61 Journalistinnen und Journalisten, 8 Medienassistentinnen und –assistenten, 9 Online-Aktivistinnen und –Aktivisten, kurz Blogger wurden im vergangenen Jahr aufgrund ihrer Tätigkeit getötet.
  • In Haft sind 179 Journalistinnen und Journalisten, 12 Medienassistentinnen und –assistenten sowie 157 Bloggerinnen und Blogger.

426 Personen, für die das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf faire Berichterstattung und freie Ausübung ihres Berufs nicht gilt. Die Einschränkungen ihrer Bürgerrechte oder den Verlust körperlicher und seelischer Unversehrtheit in Kauf nehmen mussten, weil sie vom Recht der Pressefreiheit Gebrauch gemacht haben.

Der heutige Tag und diese Aktuelle Stunde ist Anlass, an diese 426 Einzelschicksale zu erinnern. Zu erinnern an Deniz Yücel, der seit dem 14. Februar 2017 in der Türkei in Haft sitzt, weil er einem Redaktionsnetzwerk angehört, dass von der türkischen Regierung als Terrornetzwerk denunziert und verfolgt wird.

Insgesamt ist die Weltkarte der Pressefreiheit, wie Reporter ohne Grenzen bilanzieren, dunkler geworden:

  • 21 Länder sind nun in Schwarz getaucht. Dies symbolisiert eine „sehr ernste Lage“ für Pressevertreter. Mit Burundi, Ägypten und Bahrain sind drei Länder in den schwarzen Bereich hinzugekommen, der gravierende Schwierigkeiten für JournalistInnen markiert.
  • Im roten Bereich, der eine „schwierige Lage“ für Journalismus kennzeichnet, sind zwei Länder hinzugekommen. Die Gesamtzahl beträgt nun 51 Länder.
  • Alles in allem hat sich die Situation in beinahe zwei Drittel (62,2 Prozent) aller 180 Länder verschlechtert. Verletzungen der Medienfreiheit nehmen also weltweit zu. So Reporter ohne Grenzen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit dem Ende des Staatssozialismus in Mittel- und Osteuropa ab 1989 war ebenso wie mit dem Arabischen Frühling die Hoffnung verbunden, dass es zu einer Renaissance der demokratischen Kultur, von Meinungsfreiheit und Zivilgesellschaft kommt.

Heute müssen wir gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen bilanzieren, dass wir an einem Scheideweg der demokratischen Entwicklung auch in den traditionellen und jüngeren Demokratien stehen.

Der US-amerikanische Präsident denunziert seit seinem Amtsantritt in einem Trommelfeuer als Tweets gestandene Zeitungen und News-Corporations als „FAKE-NEWS“. Er insinuiert nicht nur, sondern behauptet klar und unmissverständlich als Präsident der Vereinigten Staaten, dass Journalisten, Blogger und Medieninstitutionen das Geschäft der Lüge betreiben würden. Einen Beweis bleibt er schuldig. Das Ziel ist einzig und allein die Delegitimierung all derjenigen, die zunehmend mehr Mut aufbringen müssen, das Selbstverständlichste zu tun, was die Aufgabe von Journalismus ist: Fakten zu ergründen, Fakten darzustellen und Fakten zu bewerten.

Prof. Renate Köcher vom Allensbach-Institut bringt es auf den Punkt, wenn Sie feststellt: „Das Novum ist nicht eine neue Aversion oder Missachtung von Fakten in der Öffentlichkeit, sondern ein Spitzenpolitiker, der den Anspruch erhebt, allein über Wahrheit und Unwahrheit zu entscheiden, und entsprechend alle, die sich diesem Anspruch widersetzen, zu diskreditieren sucht. Dies bedeutet in einem Land mit einer freien Presse zwangsläufig einen heillosen Konflikt mit den Medien und mit allen, die von der Existenz belastbarer Fakten überzeugt sind.“

Dieses Vorgehen in den USA, wo auch Journalistinnen und Journalisten im Rahmen der Berichterstattung über Proteste unter fadenscheinigen Vorwürfen festgenommen und mit Strafverfolgung bedroht wurden, die Maßnahmen der polnischen und ungarischen Regierung bleiben nicht folgenlos. Es verändert sich das Normalitätsverständnis dessen, was wir für einen demokratischen Umgang mit Presse und kritischer Meinungsäußerung halten.

In unserem Nachbarland Polen, in Ungarn aber auch bei uns in Ostdeutschland wurde vor gerade einmal einem Vierteljahrhundert die Pressefreiheit zurückerobert. In Polen wurde seit dem vergangenen Regierungswechsel der öffentliche Rundfunk faktisch der Regierung unterstellt. Durch Personalpolitik und Zwangsmaßnahmen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk Polens auf Regierungstreue getrimmt worden.

Kritische Medien werden durch eine Politik der gesteuerten Reduktion von Werbeanzeigen ausgetrocknet. Wo andere Länder kritische Medien verbieten, wie z.B. in der Türkei oder in Russland, vollzieht sich dieser Prozess in Polen durch die Hintertür.

Diese Strategie hat sich die polnische Regierung vom EU-Partnerland Ungarn abgeschaut, dessen Regierung diese Politik der Ausschaltung kritischer Presse seit Jahren praktiziert. Mit traurigem Erfolg zulasten der freien Meinungsäußerung.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

um es deutlich zu sagen: Kritik an Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen ist nicht illegitim. Jedes gesellschaftliche Teilsystem, sei es Wirtschaft, Politik, Kultur oder eben Medien muss sich in einem gesellschaftlichen Diskurs auch Kritik stellen und sich gegenüber Kritik legitimieren.

Dass dies geschieht zeigt die fast unüberschaubar gewordene Zahl an Publikationen, die sich mit der Rolle von Medien, ihrer Tätigkeit auseinandersetzen. Kritik wird an den Medien geäußert und auch Medien gehen selbstkritisch mit sich ins Gericht.

Um es jedoch genauso klar zu sagen: Demokratie ist der politische Raum, der uns das Recht gibt, Fragen zu stellen und zu prüfen. In der Demokratie beugt sich die Macht dem Argument – nicht umgekehrt.

Diese Klammer demokratischen Diskurses wird unterminiert durch die Infragestellung von kritischer Berichterstattung in Form von offenen Vorwürfen der „Lügenpresse“ oder der subtilen Kritik durch Begriffe wie „sogenannte Qualitätsmedien“.

Aber auch das Dauerfeuer gegenüber den öffentlich-rechtlichen Medien empfinde ich als hochproblematisch. Sei es durch eine populistische Instrumentalisierung des Rundfunkbeitrags seitens der AfD oder ebenso populistischen Forderungen der CSU, durch die Zusammenlegung von ARD und ZDF die Sendervielfalt zu reduzieren.

Sehr geehrte Damen und Herren,

nutzen wir den heutigen Tag der Pressefreiheit uns mit denjenigen Pressevertreterinnen und Pressevertretern zu solidarisieren, die aufgrund ihrer Arbeit inhaftiert sind. Sprechen wir den Familien und Freunden der getöteten Journalistinnen und Journalisten unser Beileid aus. Machen wir als Landesregierung und Landtag gegenüber der türkischen Regierung deutlich, dass wir uns für die Freiheit von Deniz Yücel und den mit ihm inhaftierten Journalisten einsetzen.

Setzen wir uns ebenso dafür ein, dass Journalistinnen und Journalisten ihrer Arbeit nachgehen können. Der Ausschluss von Medienvertretern von Parteitagen, wie dies die AfD praktiziert, weil sie Gefälligkeitsjournalismus statt kritische Berichterstattung wünscht ist inakzeptabel.

Setzen wir uns zugleich dafür ein, dass Journalistinnen und Journalisten gute Arbeitsbedingungen vorfinden. Dies bedeutet insbesondere gesicherte Arbeitsverhältnisse statt prekärer Beschäftigung. Dies bedeutet aber auch neue Unternehmensstrategien, um eine weitere Medienkonzentration und einen weiteren Abbau von Traditionsmedien zu verhindern, so wie dieser Landtag dies bereits in einer Aktuellen Stunde am 16. März des vergangenen Jahres diskutierte.

Als Landesregierung werden wir die Medienbildung an den Schulen verstärken, weil wir dies für eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am öffentlichen Diskurs halten. Wir unterstützen die Thüringer Landesmedienanstalt in ihrer Arbeit an diesem wichtigen Feld.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.