13.05.2016

Rede zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung

Die Rede wurde auf der 945. Bundesratssitzung vom 13.05.2016 gehalten

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Novellierung des Urhebervertragsrechts ist eine enorme Herausforderung mit vielen Facetten. Daher ist zu begrüßen, dass über Parteigrenzen hinweg Konsens über die grundsätzliche Zielrichtung der Novelle besteht. Wir sind uns einig, dass wir einen fairen Interessensausgleich zwischen Urhebern, Verwertern, sowie Nutzerinnen und Nutzern von kreativen Werken brauchen. Vor dem Hintergrund der bestehenden Marktmacht der Verwerter kann ein fairer Interessensausgleich nur bedeuten, die Position der Urheber nachhaltig zu stärken. Ein faires Urheberrecht schützt aber nicht nur die berechtigten Interessen von Kreativen, Künstlerinnen und Künstlern. Sondern es bewirkt langfristige positive Effekte für die gesamte Gesellschaft. Ein starker Urheberrechtsschutz kann zur Förderung von Innovationen beitragen, sei es, weil die Entstehung neuer (werthaltiger) kreativer Werke stimuliert wird oder weil sich effizientere Methoden durchsetzen, um Verbrauchern bestehende Werke zugänglich zu machen.

Kreative, Künstlerinnen und Künstler stehen am Beginn der Wertschöpfungskette.Sie sind es, die mit Intelligenz und Fantasie, mit Eigeninitiative und Flexibilität für gute Musik, engagierte Kunstwerke, spannende Filme oder attraktive Games sorgen. Und sie sind es auch, die häufig genug für die künstlerische Gestaltungsfreiheit auf die soziale Sicherheit einer festen Anstellung / gesicherten Existenz verzichten. Ohne die vielfältigen Leistungen der Kreativen bestünde kein Betätigungsfeld für Verwerter und Vermittler und ein deutlich geringeres Angebot für Nutzerinnen und Nutzer.

Vor diesem Hintergrund lautet die entscheidende Frage:

Leistet der vorliegende Gesetzesentwurf genug, um die Rechte der Kreativen zu schützen und zugleich kreatives Schaffen in Deutschland nachhaltig zu fördern?

Anerkennung verdient das Ziel des Gesetzes,

  • den Anspruch auf angemessene Vergütung der Urheber für jede Nutzung rechts- und tatbestandssicher zu verankern,
  • die Verfügungsgewalt der Urheber zu erhöhen
  • und ihnen bessere Rückrufs- und Auskunftsmöglichkeiten einzuräumen.

Dennoch geht die Gesetzesnovelle in vielen Belangen nicht weit genug.

Im Hinblick auf eine angemessene Vergütung kreativer Leistungen (§ 32 Abs. 2 Satz 2) sehe ich wesentlichen Nachbesserungsbedarf.Der Referentenentwurf des Gesetzes formulierte den Grundsatz, dass Urheber für jede Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung zusteht. Dieses Prinzip steht nicht nur im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BGH zum Beteiligungsgrundsatz, sondern stärkt zugleich die Verhandlungsposition der Urheber bei der Vergütungsbemessung, also einem maßgeblichen Ziel der Gesetzesnovelle. Im vorliegenden Gesetzesentwurf wird jedoch diese klare Regelung zur mehrfachen Vergütung durch das Kriterium der „Häufigkeit“ ersetzt.Das bringt unnötige Unsicherheit in das Gesetz und lässt sogar Spielraum für Interpretationen, dass nunmehr nicht mehr jede Nutzung angemessen vergütet werden muss. Vor diesem Hintergrund unterstützt Thüringen die Notwendigkeit einer klarstellenden Regelung. Nur mit einer eindeutigen Bestimmung kann sichergestellt werden, dass die angemessene Beteiligung der Urheber an jeder Nutzung gewährleistet wird. Es muss deutlich werden, dass Urheber für Werkleistungen, die unterschiedlich oder wiederholt genutzt werden, auch weitere Vergütungen erhalten.

Zum Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft, geregelt in § 32d, besteht aus meiner Sicht folgende Kritik. Auch hier war der Referentenentwurf klarer formuliert.
Bei dem nun vorliegenden Text sehe ich die Gefahr, dass die Regelungen das Erlangen von Informationen durch die Urheber erschweren und die Durchsetzung von deren Ansprüchen behindern. Der Anspruch muss jedoch so durchsetzungsstark ausgestaltet sein, dass der Beteiligungsgrundsatz verwirklicht werden kann. Außerdem darf die Regelung nicht nur auf die unmittelbaren „Vertragspartner“ beschränkt werden. Zum einen sind in vielen Branchen die tatsächlichen Werknutzer nicht gleichzeitig die Vertragspartner des Urhebers. Gegenüber den weiteren Werknutzern hätten die Urheber somit keinen Auskunftsanspruch, was in der Folge bedeuten würde, dass für sie ein auffälliges Missverhältnis zwischen Erträgen und Vorteilen aus der Werknutzung und der gewährten Gegenleistung nicht feststellbar ist. Der Anspruch auf Durchsetzung einer angemessenen Vergütung wäre damit unterlaufen.

Weiterhin bedarf es der Klarstellung, dass die Urheber mit den in die Regelung des § 32d aufgenommenen Ausnahmetatbestände für die Zukunft nicht schlechter gestellt werden. Sollte kein gesetzlicher Auskunftsanspruch nach § 32d bestehen, muss sichergestellt sein, dass den Urhebern auch weiterhin die Geltendmachung der Auskunft nach allgemeinen Grundsätzen des BGB offenstehen. Andernfalls wäre hier eine Verschlechterung der Situation gegenüber dem geltenden Recht zu befürchten.

Die Regelungen zum geplanten Rückrufrecht lehnt das Land Thüringen ab. Wir kritisieren u.a., dass das Rückrufrecht auf Verwertungsverhältnisse bei pauschaler Vergütung beschränkt werden soll. Der Regierungsentwurf sieht vor, das Recht zur anderweitigen Verwertung nach 10 (statt bisher 5 Jahren) auf Verwertungsverträge mit pauschaler Vergütung zu beschränken und schließt damit die Verträge mit individuell vereinbarter differenzierter Vergütung vom Rückruf aus. Total-buy-out-Verträge werden erstmals gesetzlich sanktioniert. Mit den geplanten Änderungen im Hinblick auf das Rückrufrecht wird die geltende Rechtslage zuungunsten der Urheber noch verschlechtert und können deshalb vom Land Thüringen nicht mitgetragen werden. Hinzu kommt, dass die geplanten Regelungen tiefgehende Eingriffe in die Vertragsfreiheit und die Eigentumsposition der Urheber bedeuten und daher verfassungsrechtliche Problem aufwerfen.

Mit dem Gesetzentwurf wird erstmalig im Urheberrecht ein Verbandsklagerecht zur Durchsetzung von gemeinsamen Vergütungsregeln aufgenommen. Dies wird von Thüringen ausdrücklich begrüßt. Ich habe jedoch leichte Zweifel, ob das aufgenommene Verbandsklagerecht umfassend und somit stark genug ist, um die tatsächliche Anwendbarkeit gemeinsamer Vergütungsregelungen zu sichern. Aber dies wird bei der im Entwurf festgeschriebenen Evaluierung des Gesetzes genauer zu begutachten sein. Ich würde mich freuen, wenn sich meine Zweifel als unbegründet herausstellen würden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

langfristig verringert ein effektiver Urheberrechtsschutz das Problem ungenügender Entlohnung für Kreative. Dass die Kosten für Folgeinnovationen durch den Urheberrechtsschutz steigen, ist auch bekannt. Letztlich aber haben wir berechtigten Grund zur Annahme: Urheber sowie Künstlerinnen und Künstler können dank eines starken Urheberrechtsschutzes höhere Einnahmen erzielen. Dies wird die Nachfrage nach autorisierten Leistungen erhöhen und die Entstehung neuer kreativer Werke stimulieren. Auf lange Sicht werden auch Verbraucherinnen und Verbraucher von einem angemessenen Urheberrechtsschutz profitieren. Ein Gewinn für unsere ganze Gesellschaft!

Deshalb gehört in den vorliegenden Gesetzesentwurf:

  • der eindeutige formulierte Anspruch auf faire Vergütung für jede Werknutzung
  • sowie die Verbesserung der Auskunftsansprüche im Sinne eines umfassenden Auskunftsrechts über den direkten Vertragspartner hinaus.