12.08.2011
Erklärung von Matthias Höhn, Mitglied des Geschäftsführenden Parteivorstandes der Partei DIE LINKE. zum 50. Jahrestag des Mauerbaus

Alternative zum Kapitalismus nur auf demokratischem Wege denkbar

1989 zerfiel mit der Berliner Mauer auch der Glaube an ihre Funktion der Herrschaftssicherung. Die Grenzbefestigungen, die die DDR bewahren sollten, wurden zugleich Symbol für die Unausweichlichkeit ihres Zusammenbruches.

Der Bau der Mauer bekräftigte die Entscheidung, ein sozialistisches Deutschland auch als repressives Grenz- und Überwachungsregime erhalten zu wollen. Die SED-Führung begriff die massenhafte Abwanderung in den Westen bis 1961 und die Flucht- und Ausreiseversuche danach als Bestandteil einer politisch-ideologischen Fragestellung. Auf der Strecke blieben dabei die Auseinandersetzung und der demokratische Diskurs über die Perspektiven einer sozialistischen Gesellschaft, besonders unter den Bedingungen einer Systemkonfrontation. Statt mit der eigenen Bevölkerung und über ein demokratisches Gemeinwesen zu kommunizieren, vergrub sich die Partei- und Staatsführung weiter in die autoritäre Lösung gesellschaftlicher Widersprüche. Die Abschottung nach außen und die "innere Sicherheit" der DDR standen in konkreter Verbindung zueinander - Die Kriminalisierung des Grenzübertrittes war verbunden mit der Bespitzlung, der Gesinnungsschnüffelei und den Denkverboten des Alltags. Innerhalb des Repressionssystems der DDR gingen dem Realsozialismus die Menschen verloren, die die Mauer doch eigentlich halten sollte.

Sozialismusversuche entstanden in der Geschichte immer unter Bedingungen der kämpferischen und feindlichen Auseinandersetzung. Die erbitterte Verfolgung der Arbeiterbewegung war Begründungs- und Legitimationsrahmen für eigene Verbrechen, Zwangsmaßnahmen und Paternalismus. Mit den stalinistischen Deformationen war der Graben zwischen Anspruch und Wirklichkeit der sozialistischen Staaten unüberwindbar geworden.

DIE LINKE wird sich in den nächsten Monaten über ihr Grundsatzprogramm verständigen. Eine Alternative zum Kapitalismus als Garant einer menschenwürdigen Gesellschaft für Jede und Jeden bleibt notwendig, ist aber nach unseren Ansprüchen und den historischen Erfahrungen nur auf demokratischem Wege denk- und begehbar. Das verbindet utopische und realpolitische Perspektiven für uns jenseits jeder orthodox-marxistischen Geschichtserwartung. DIE LINKE muss unter den konkreten Bedingungen ein politisch-kultureller Partner, Verstärker und Impulsgeber für den gesellschaftlichen Transformationsprozess sein, der von allen getragen werden kann.